Bei der Champions Trophy trifft Hollands Hockey-Toptalent am Sonnabend auf Deutschland. Zur neuen Saison wechselt es in die Bundesliga.

Mönchengladbach. Die 3:4-Niederlage gegen England war nur wenige Minuten alt, da hatte Robbert Kemperman sein Kämpferherz bereits wieder in den Takt gebracht. „Jetzt müssen wir eben gegen die Deutschen gewinnen. Es ist sowieso am schönsten, wenn man sie in ihrem Wohnzimmer schlagen kann. Das macht uns richtig heiß“, sagte der 20 Jahre alte Niederländer . Nachdem die „Oranjes“ bei der Champions Trophy nach dem 5:2-Auftaktsieg über Spanien drei Niederlagen einstecken mussten, muss am heutigen Sonnabend (15 Uhr) gegen den Gastgeber ein Sieg her, um den Gang ins Abstiegsspiel zu verhindern. 42 Hockey-Länderspiele hat Kemperman bislang absolviert, aber in vielen Aufeinandertreffen mit deutschen Teams in den diversen Jugendauswahlen die Brisanz des ewigen Duells der Erzrivalen bereits hinreichend erlebt. „Diese Spiele sind immer etwas Besonderes, egal wie oft man sie spielt“, sagt er.

Für Kemperman ist der Reiz der Partie jedoch noch ein Stück größer als für seine Mitspieler. Der offensive Mittelfeldakteur, der in den Niederlanden als größte Nachwuchshoffnung gilt, hat sich nämlich für einen ungewöhnlichen Karriereschritt entschieden. In der am 11. September beginnenden Spielzeit 2010/11 wird er für den deutschen Meister Rot-Weiß Köln in der Bundesliga an den Stock gehen. Dass ein einheimisches Toptalent den Weg von der noch immer als beste Liga der Welt geltenden Hoofdklasse ins Nachbarland geht, war für viele Beobachter eine Überraschung. „Klar haben sich viele darüber gewundert“, sagt Kemperman, „aber die meisten waren positiv über-rascht. Sie haben gesagt: Das wird bestimmt ein tolles Abenteuer für dich.“

Bei seinem Heimatklub Den Bosch fühlte sich Kemperman am Ende seiner Entfaltungsmöglichkeiten angekommen. „Ich war dort einer der besten Spieler, aber wir sind meist im Mittelfeld der Tabelle stagniert. In meinem Alter muss ich aber dazulernen, ich muss mich entwickeln. Und ich will um Titel spielen“, sagt er. Natürlich hätte der laufstarke Allrounder auch zu den niederländischen Spitzenklubs aus Rotterdam oder Bloemendaal gehen können. Aber da er im Osten des Landes, in Nijmegen nahe der deutschen Grenze, Marketing und Kommunikation studiert, kam das Angebot aus Köln gerade recht. „Ich kann weiter in Nijmegen wohnen und mein soziales Leben dort aufrecht erhalten, und spiele trotzdem für einen Klub, der in der Meisterschaft und in der Euro Hockey League zu den Topfavoriten zählt“, freut er sich.

Bei den finanzstarken Rheinländern hat er einen Zweijahresvertrag unter-schrieben und soll den zum Harvestehuder THC zurückgekehrten Hamburger Nationalspieler Tobias Hauke ersetzen. Eingewöhnungsprobleme fürchtet er nicht. „Ich habe in Den Bosch mit Jan-Marco Montag und Christoph Menke zusammengespielt und kenne auch die anderen Nationalspieler gut“, sagt er. Auch die hohen Erwartungen an seine Person stören ihn nicht. Dass man ihn in der Heimat als legitimen Nachfolger von Superstar Teun de Nooijer sieht, ist für ihn viel mehr eine Ehre als Druck. „Teun ist eine Legende. Wenn die Menschen mich mit ihm vergleichen, ist das das größte Kompliment. Das gibt mir Selbstvertrauen“, sagt er.

Dass er dereinst als Wegbereiter dastehen könnte, der durch seinen Wechsel den Niedergang der niederländischen Eliteliga zu Gunsten der Bundesliga eingeleitet hat, glaubt Kemperman nicht. „Ob die Bundesliga bald die stärkste Liga der Welt sein wird, müssen wir abwarten. Ich glaube nicht, dass viele Niederländer meinem Beispiel folgen werden“, sagt er. Vielmehr erhoffe er sich, durch die Lernfortschritte in Köln auch dem Hockey in der Heimat neue Impulse geben zu können. „Die Deutschen denken immer zuerst an die Defensive und nicht nur an das schöne Spiel wie wir. Diese Mentalität möchte ich kennenlernen und verinnerlichen“, sagt er. Auf dem Weg zu den Olympischen Sommerspielen 2012 in London täte der Auswahl des Olympiasiegers von 2000 eine gewissenhaftere Defensivarbeit gut. Robbert Kemperman hat das verstanden – ob er die richtige Konsequenz gezogen hat, wird er in zwei Jahren wissen.