Vier Boxer scheiterten beim Versuch, erster deutscher Weltmeister im Schwergewicht nach Max Schmeling zu werden. Huck nimmt einen neuen Anlauf.

STUTTGART. Die Frage scheint nicht „Schafft er das?“ zu lauten, sondern „Darf er das?“. Darf sich Marco Huck bei einem Sieg am Samstag über WBA-Weltmeister Alexander Powetkin Nachfolger von Max Schmeling nennen? Der 27 Jahre alte Berliner erhält am Sonnabend in der Porsche-Arena Stuttgart (22.15/ARD) die Chance, erster deutscher Weltmeister im Schwergewicht seit 80 Jahren zu werden. Fans und Experten sind jedoch gespalten.

Zum einen konnte Lautsprecher Huck, der als Muamer Hukic im heutigen Serbien geboren wurde, mit seiner draufgängerischen Art und seinen markigen Sprüchen bislang nicht die Herzen der Boxfans gewinnen. Zum anderen ist der Russe Powetkin nur ein Champion von Klitschkos Gnaden. Weil der Ukrainer Wladimir Klitschko neben dem WBA-Titel auch noch die der Verbände IBF und WBO trägt, wurde er vom Weltverband aus Venezuela zum „Superchampion“ befördert. Powetkin sicherte sich daraufhin im vergangenen Jahr den „normalen“ WBA-Weltmeistertitel.

Powetkins Manager Vlad Hrunov hat eine klare Meinung zu Huck, der im Alter von acht Jahren gemeinsam mit seinen Eltern nach Bielefeld übersiedelte. „Max Schmeling war ein großer, ehrenhafter Mann, immer respektvoll seinen Gegnern gegenüber. Wer ihm folgen will, sollte sich auch so benehmen und ein Vorbild sein“, sagte Hrunov in dieser Woche in Stuttgart, nachdem Huck seinen Gegner mal wieder verbal attackiert hatte („Nach dem Sieg kaufe ich dem Russen einen Lada“). Hucks Antwort darauf: „Ein besseres Vorbild als mich kann es gar nicht geben.“

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Auch Trainer Ulli Wegner sieht noch Defizite bei seinem Schützling. „Ihn mit Max Schmeling zu vergleichen, sollte man im Moment lieber lassen“, sagte Wegner. „Es gibt noch ein paar Sachen, an denen man arbeiten muss.“

Dabei ist die sportliche Frage längst noch nicht beantwortet. Huck geht als Außenseiter in seinen ersten Kampf in der Königsklasse. Der Berliner steigt aus dem Cruisergewicht auf. Was den Vorteil hat, dass er selbst im Falle einer Niederlage seinen WBO-Titel in der Klasse bis 90 Kilogramm behalten darf. „Ich wollte schon immer Schwergewichts-Weltmeister werden. Jetzt stehe ich kurz davor“, sagte Huck, der seinen Titel im Cruisergewicht zuvor achtmal verteidigen konnte. Obwohl Huck am Samstag wohl rund 97 Kilogramm wiegen dürfte, will er gegen den gleich großen, aber schwereren Stallgefährten Powetkin auf seine Kondition setzen.

Denn der Trainingszustand des 32 Jahre alten Powetkin ist, wie immer, schwer einzuschätzen. Der Olympiasieger von 2004 trainiert allein in seiner Heimatstadt Tschechow, rund 75 Kilometer südlich von Moskau. Zudem überwarf er sich vor Wochen mit seinem amerikanischen Trainer Teddy Atlas und engagierte für die Vorbereitung auf Huck Alexander Zimin, zuvor Coach des russischen Riesen Nikolai Walujew. „Ich befinde mich in Bestform, ich habe mich rund zwei Monate auf diesen Kampf vorbereitet“, versicherte Powetkin.

Bislang waren vier deutsche Boxer bei dem Versuch, Weltmeister im Schwergewicht und damit Nachfolger Schmelings zu werden, gescheitert: Karl Mildenberger (Kaiserslautern), Axel Schulz (Frankfurt/Oder), Willi Fischer (Frankfurt/Main) und Luan Krasniqi (Rottweil). „Es ist eine schwierige Situation. Zwei unserer Leute boxen gegeneinander. Aber es wird richtig knallen“, prophezeite Veranstalter Kalle Sauerland. Das Duell vor dem Duell hat Powetkin schon für sich entschieden. Er darf am Samstag aus der blauen Ecke boxen, der Stammecke der Sauerland-Athleten. Huck bleibt nur die rote Ecke – die üblicherweise den Verlierern vorbehalten ist

(dpa/abendblatt.de)