Bundestrainer Heiner Brand spricht über einen möglichen Wachwechsel und kritisiert die Kostenexplosion bei den Transfers.

Hamburg. Die HSV-Handballer zeigen sich an diesem Sonnabend (15 Uhr/live im Internet bei dsf.de) gegen MT Melsungen erstmals in der Color-Line-Arena. Bundestrainer Heiner Brand traut den Hamburgern vor der Heimpremiere den großen Wurf zu. Mit dem Abendblatt sprach er über ...

... den Zweikampf Hamburg/Kiel: "Von einem Wachwechsel zu sprechen wäre verfrüht. Im Supercup war der HSV auch taktisch klar besser. Die Kieler wirkten etwas müde, einige Spieler waren offenbar noch nicht integriert. Ich sehe da noch viel Steigerungspotenzial. Im Grunde war der Supercup nur das letzte Vorbereitungsspiel."

... die Titelchancen der Hamburger: "Ich traue dem HSV den großen Wurf zu. Er ist personell mindestens auf Augenhöhe mit Kiel. Die Neuzugänge Vori und Duvnjak bedeuten eine enorme Qualitätssteigerung. Und ich erwarte, dass man aus der Vergangenheit gelernt hat, als man leichtfertig Punkte verschenkt hat. Einem Team dieser Qualität hätte das nicht passieren dürfen."

... die Millionentransfers in der Bundesliga: "Ich bin von der Entwicklung nicht so angetan. Die Kieler können solche Beträge vielleicht refinanzieren. Aber in Hamburg, Lemgo oder bei den Rhein-Neckar Löwen hängt vieles von einzelnen Mäzenen ab. Man hat gerade bei Lemgo erlebt, dass das auch unschöne Begleiterscheinungen nach sich zieht. Zudem kommen andere Vereine durch den generellen Preisanstieg in Zugzwang und geraten womöglich in Dimensionen, die sie gar nicht bewältigen können."

... die Entlassung seines Zöglings Markus Baur als Trainer in Lemgo: "Ich habe dafür kein Verständnis. Die Saison hatte noch nicht einmal angefangen. Man muss sehen, dass die Konkurrenz in der Champions-League-Qualifikation gut besetzt war. Die Mannschaft hat vergangene Saison einen hervorragenden vierten Platz belegt, sie spielte trotz vieler Verletzter lange mit dem HSV auf Augenhöhe. Ich frage mich, was die sich vorstellen. Das erinnerte mich an die Vorgänge in Mainz oder Hannover im Fußball."

... den neuen Modus in der Champions League: "Ich bezweifle, dass sie wirklich anspruchsvoller geworden ist. Ich gehe sogar davon aus, dass in diesem Jahr keiner mit Hamburg und Kiel mithalten kann, nicht einmal Titelverteidiger Ciudad Real. Es wird wohl ein deutscher Wettkampf werden."

... den WM-Sieg der deutschen Junioren: "Ich habe immer gesagt, dass es um den deutschen Nachwuchs sehr gut bestellt ist, er aber in der Liga nicht die entsprechenden Chancen erhält. Das Problem ist die Anschlussförderung. Das Jugendzertifikat ist gut, aber es muss bei einigen Vereinen eine Veränderung im Denken stattfinden dahin gehend, dass man diese Talente an ein hohes Niveau heranführt. Viele haben nicht ein Talent hervorgebracht in den letzten Jahren. Wenn man erst mit 24 die Chance auf die Bundesliga bekommt, kann es für die internationale Entwicklung schon zu spät sein."

... den Leistungsstand der Nationalmannschaft: "Wir haben eine sehr gute EM-Qualifikation gespielt, obwohl Pascal Hens, Holger Glandorf und Michael Kraus in vielen Spielen fehlten. Ob wir höheren Ansprüchen genügen, werden wir im Januar beim Finalturnier sehen. Die Mannschaft hat sich bei der WM Anfang des Jahres schon sehr gut präsentiert. Und sie ist sicher noch nicht am Ende ihrer Entwicklung."

... die Nachwirkungen des Manipulationsskandals: "Bundesliga und Nationalmannschaft waren davon ja nicht unmittelbar betroffen. Insofern ist nachvollziehbar, dass er der allgemeinen Handball-Euphorie wenig anhaben konnte. Das Thema ist jetzt abgehakt. Wenn alle daraus gelernt haben und entsprechende Kontrollmechanismen eingebaut sind, wird der Handball die Affäre unbeschadet überstehen."

Das Abendblatt bietet in Kooperation mit dem HSV wieder einen SMS-Ergebnisdienst an. Informationen: www.hsvhandball.com