In mir ist eine große Leere, und die war auch der Grund dafür, dass ich mich gestern nicht bei Euch gemeldet habe. Ich bin auch bei den US Open in New York in der ersten Runde ausgeschieden, es ist die sechste Erstrundenpleite in Serie, und langsam muss ich sagen, dass ich etwas ratlos bin. Ich habe gegen den Spanier Marcel Granollers (23), die Nummer 87 der aktuellen Weltrangliste, mit 6:2, 5:7, 6:3, 4:6 und 0:6 verloren, und mit einer Nacht Abstand muss ich sagen, dass ich das Spiel 6:2, 6:4 und 6:3 hätte gewinnen müssen und immer noch nicht weiß, wie es passieren konnte, dass ich stattdessen nach fünf Sätzen als Verlierer vom Platz gehen musste.

Ich hatte im Verlauf des Matches einige Blackouts, die ich mir nicht erklären kann. So kam mein erster Aufschlag gar nicht, obwohl ich im Training vorher sehr stark serviert hatte. Im zweiten Satz habe ich bei eigenem Aufschlag 5:4 geführt und dann völlig die Linie verloren. Erst bei 5:7 bin ich wieder aufgewacht und wusste gar nicht, was mir passiert war. Im vierten Satz habe ich ein indiskutables erstes Aufschlagspiel gespielt, gleich das Break kassiert und bin diesem von da an immer nur hinterhergerannt. Und im fünften Satz, als ich das umkämpfte erste Spiel verloren hatte, fehlte dann die Kraft, noch einmal alles zu geben. Da fühlte ich mich, als wäre ich gerade verprügelt worden.

Ich weiß, dass jetzt viele wieder über meinen körperlichen Zustand lästern, aber ich bin mir sicher, dass es ein Kopfproblem ist. In entscheidenden Momenten kommen mir immer wieder negative Gedanken in den Kopf. Wenn mein Aufschlag nicht kommt, denke ich: Das kann doch nicht wahr sein! Darüber komme ich dann ins Grübeln, und schon ist die Linie weg. Ich werde jetzt auch wieder gefragt werden, warum ich mir keine psychologische Hilfe hole, aber so weit bin ich noch nicht. Ich rede viel mit meinen Eltern, meiner Freundin, meinem Physio, meinem Manager, und das hilft mir auch. Aber letztlich kann man seine Gedanken eben nicht kontrollieren.

Ich hoffe nun, dass ich mir hier im Doppel neues Selbstvertrauen holen kann. Ich spiele morgen an der Seite des Serben Dusan Vemic, mit dem ich heute noch trainieren werde, gegen die US-Amerikaner Alex Kuznetsov und Brendan Evans. Wann wir spielen, ist noch nicht klar. Kuznetsov ist einer meiner besten Kumpels, mit ihm habe ich früher selbst Doppel gespielt. Aber darauf möchte ich morgen keine Rücksicht nehmen. Ich brauche ein Erfolgserlebnis, denn irgendwas will ich ja schließlich auch gewinnen.

Viele Grüße aus den USA, Euer Mischa

Der Hamburger Profi Mischa Zverev (22), derzeit an Position 53 der Weltrangliste geführt, berichtet exklusiv für abendblatt.de von seinen Erlebnissen im Tennisjahr 2009.