Ließe sich die Bandbreite der menschlichen Stimme in Zentimetern messen, käme vielleicht 206 heraus. Es war die Höhe, die Ariane Friedrich hatte auflegen lassen für diesen einen Versuch, der ihr noch blieb im WM-Finale.

Berlin. Als sie anlief, hörte man keinen Mucks, die Frankfurterin hatte es so gewünscht. Dann hob sie ab, und die Anspannung der 57 937 Zuschauer entlud sich in einem Orkan der Freude: "Jaaaaa!" Um nur den Bruchteil einer Sekunde später in ein enttäuschtes und etwa dreieinhalb Oktaven tieferes "Aaaah" zu versinken. Kurz hatte es so ausgesehen, als hätte Friedrich wie zwei Monate zuvor an gleicher Stelle ihre deutsche Rekordhöhe gemeistert. Dann fiel die Latte doch.

Ariane Friedrich sammelte sich nur kurz, dann hatte sie Gefallen gefunden an ihrer Leistung und verbeugte sich vor ihrem Publikum. Sie hatte 2,02 Meter übersprungen, es war ihr 25. Wettkampf jenseits der zwei Meter. Sie hat Bronze gewonnen, ihre erste Medaille bei einer großen Meisterschaft. Und sie musste anerkennen, dass die Titelverteidigerin Blanka Vlasic an diesem Abend mit 2,04 besser war. Die Russin Anna Tschitscherowa (2,02) hatte sich als Zweite noch ins große Hochsprungduell eingemischt.

Nur einen ihrer 19 Wettkämpfe in diesem Jahr hatte Friedrich zuvor nicht gewonnen. Doch dass der gestrige nicht ihr bester Tag war, ließen bereits die ersten Sprünge erkennen. Über die 2,02 Meter kämpfte sie sich erst im dritten Versuch. Möglich, dass der 25-Jährigen die Anspannung fehlte. Nach den Siegen von Steffi Nerius und Robert Harting lag es plötzlich nicht mehr an ihr, ob Deutschland bei dieser WM ohne Sieg bleiben würde. Der Druck schien sie über die gesamte Saison zu beflügeln. Mit einem Mal war er weg.

"Es fühlt sich so schön an wie beim ersten Mal", flötete Vlasic später cool ins Stadionmikrofon. Wenigstens in der Stimmhöhe überflügelte Friedrich die Rivalin aus Kroatien haushoch. "Es war so geil!", kreischte sie. Dem ist nichts hinzuzufügen.