Im Streit um die Hymne des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 verteidigten islamische und christliche Geistliche die Hymne

Gelsenkirchen. Der Wirbel um die angeblich islamfeindliche dritte Strophe des Schalker Vereinslieds will nicht abreißen. Christoph Daum rät schon zu einer Änderung der Hymne – ohne selbst abzuschätzen, ob sie überhaupt Muslime verunglimpft. Unabhängig vom aktuellen Streit – kaum ein Fußballverein in Deutschland hat ein so intensives und spezielles Verhältnis zur Religion wie der FC Schalke 04.

So baute der Club in seine neue Arena, die 2001 eingeweiht wurde, eine eigene Kapelle ein – der bundesweit erste Sakralraum dieser Art. Er befindet sich zwischen den Spielerkabinen in den Katakomben und misst 70 Quadratmeter. In dem als Ruhepol gedachten Andachtsraum finden regelmäßig Hochzeiten und Taufen von katholischen und evangelischen Fans statt. Beide Kirchen haben dafür eigens Seelsorger beauftragt.

Zur Einweihung der Kapelle vor acht Jahren entsandte kein Geringerer als der damalige Papst Johannes Paul II. seine Segenswünsche. Das hatte seinen Grund. Denn dem Kirchenoberhaupt hatten die Königsblauen 1987 bei seinem Besuch im Ruhrgebiet kurzerhand die Ehrenmitgliedschaft verliehen.

Auch auf sozialer Ebene reichen sich Club und Kirche immer wieder die Hand. Seit Jahren unterstützen Fans Projekte des katholischen Hilfswerks missio für ehemalige Kindersoldaten. Auch im Rahmen der 72-Stunden-Sozialaktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) konnten kürzlich Geschwister von Behinderten, die im Alltag oft zurückstecken müssen, bei einem Arena-Besuch einmal hinter die Kulissen des Vereins sehen.

Trotz dieser gleichsam offiziellen engen Verbindung zur Kirche – die Schalker wären nicht die Schalker, würden sie nicht auch einen locker-liberalen Zugang zum Thema Glaube pflegen. Da ist zum Beispiel das eigene „Fan-Gebet“, das „Schalke unser“. „Verteidigt werde Dein Name, Dein Sieg komme wie zu Hause so auch auswärts,“ heißt es darin flehentlich. Oder: „Und niemals vergib denen aus der Nähe von Lüdenscheid, wie auch wir ihnen niemals vergeben werden.“

Angesichts dieses „Credos“ mag mancher Kirchenchrist die Stirn runzeln. Doch Sportjournalist Dieter Kürten, selbst bekennender Katholik, bringen solche Sätze eher zum Schmunzeln. Allzu eifrige Glaubenswächter mahnt er, die gelbe Karte in der Brusttasche zu lassen und diese Worte nicht auf die theologische Goldwaage zu legen.

Versöhnliche Töne dieser Art schlagen nun auch islamische und christliche Vertreter in der aktuellen Debatte über die Schalker Hymne an, die es seit 1924 gibt und die auf dem 1797 verfassten Jägerlied „Lob der grünen Farbe“ des Kasseler Forstmanns Ludwig Eberhard Heinrich von Wildungen basiert. Der aktuelle Schalker Text gilt seit 1963, wo es in der dritten Strophe heißt: „Mohammed war ein Prophet, der vom Fußballspielen nichts versteht. Doch aus der schönen Farbenpracht hat er sich das Blau und Weiße ausgedacht.“ Der Gelsenkirchener Stadtdechant, Propst Wilhelm Zimmermann, zu dessen Pfarrgebiet die Arena auf Schalke gehört, verweist auf Spitzen gegen die Kirchen im Karneval. Die würden ja auch nicht als Blasphemie verteufelt. Ohnehin komme der Protest nicht aus der Region, sondern von außerhalb.

Die Briefe und E-Mails gegen das Lied erreichen den Club, nachdem türkische Zeitungen über eine Verhöhnung des Propheten im Schalker Lied geschrieben hatten. Auch der Essener Diözesanadministrators Franz Vorrath mahnt, den Ball flach zu halten. Bei dem Fan-Lied handele es sich weder um hohe Theologie noch um hohe Dichtkunst. Antiislamische Tendenzen könne er in der Hymne „wirklich nicht sehen“; selbst Muslime würden sie voller Begeisterung mitsingen.

Wie Vorrath und Zimmermann mahnt auch der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman A. Mazyek, zur Mäßigung. Und er rät dazu, das Thema mit Humor zu nehmen. Die Fußballhymne gebe doch nur zu verstehen, dass Mohammed keine Ahnung vom Fußball gehabt habe, sagte er dem TV-Sender N24. „Ist ja auch klar, weil er nämlich vor der Erfindung des Fußballs gelebt hat. Also, lassen wir doch die Moschee im Dorf.“

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