Carsten-Otto Nagel galt als Außenseiter, noch im Jahr zuvor hatte ihm sein Pferd am Großen Wall die Folgschaft verweigert. Dann jedoch der unerwartete Triumph...

Hamburg. Dieses Mal lief es besser, der Wedeler Carsten-Otto Nagel blieb als einziger von 35 Teilnehmern im Finale fehlerfrei. "Es ist ein geiles Gefühl, vor der Haustür dieses Turnier zu gewinnen. Einfach Wahnsinn!", jubelte Nagel nach seinem ersten und bis heute einzigen Derbysieg, den er mit gleich vier Ehrenrunden gefeiert hatte. Zehn Jahre sind seither schon wieder vergangen.

Gefühlsausbrüche wie jener nach dem großen Erfolg in Klein Flottbek sind beim besonnenen Schleswig-Holsteiner eine Seltenheit geblieben. Dass er damals, im Jahre 1999, ausgerechnet auf einem Schimmel namens Wienerwirbel triumphierte, ist symptomatisch. Wenn jemand Wirbel um etwas macht, kann es beim heute 46-Jährigen eigentlich nur das Pferd sein. Auch vor der diesjährigen 80. Auflage des Derbymeetings, das am Mittwoch (15 Uhr) mit dem Eröffnungsspringen beginnt, gibt sich der allerdings keineswegs dröge und auch mal für einen witzigen Spruch zu habende Pferdewirtschaftsmeister gelassen.

"Ich werde einfach alles so wie immer machen", erklärte Nagel, der nach eigener Auskunft trotz exzellenter Trainingsmöglichkeiten auf dem Gestüt Moorhof auf eine spezielle Derby-Vorbereitung mit seinem aktuellen Pferd Calle Cool verzichtete. Er habe ihm noch einmal den Wall und Pulvermanns Grab gezeigt, das reiche. "Es macht wenig Sinn, wieder und wieder mit einem Pferd zu üben, das mit Derbykursen generell zurechtkommt."

Dass der Holsteiner Wallach dies tut, bewies er gemeinsam mit seinem Reiter im Vorjahr, als das Duo in Hamburg nur dem Mecklenburger André Thieme den Vortritt lassen musste. Nagel legte jedoch mit dem zweiten Platz den Grundstein für den späteren Gesamtsieg auf der insgesamt aus sechs Etappen bestehenden Riders Tour. Da die Derby-Prüfung am Sonntag erneut den Auftakt der hochdotierten Serie markiert, ist Nagel gleich in doppelter Mission unterwegs: Zweiter Heimsieg und Titelverteidigung auf der Tour.

Während die meisten internationalen Spitzenreiter ihr Augenmerk auf den am Sonnabend steigenden und im Rahmen der Global Champions Tour mit 285 000 Euro dotierten Großen Preis von Hamburg legen, können Tags darauf im eigentlichen Derby (105 000 Euro) mit seinen 17 spektakulären Hindernissen wohl nur der viermalige Olympiasieger und zweimalige Derby-Gewinner Ludger Beerbaum (Riesenbeck), der Ire Denis Lynch sowie einige Briten den norddeutschen Derby-Spezialisten wie Nagel oder Thieme Paroli bieten. Den meisten anderen fehlen wie auch der Schenefelderin Janne Friederike Meyer die geeigneten Pferde für den 1250 Meter langen Parcours.

Neben den beiden Topspringen werden den Pferdesportfreunden auch in diesem Jahr viele weitere Reit-Höhepunkte geboten, zum Beispiel das Championat am Donnerstag, in dem es für die Reiter um einen Mittelklassewagen geht. Immer größerer Beliebtheit erfreut sich wegen seiner Rasanz das Speed-Derby am Sonnabend. Bei all den Springevents geht fast ein wenig unter, dass gleichzeitig auch das 49. Dressur-Derby mit der Entscheidung am Sonntagvormittag abgehalten wird.

Im vergangenen Jahr kamen insgesamt 66 000 Menschen an vier Veranstaltungstagen nach Klein Flottbek. Carsten-Otto Nagel, der 2008 trotz seiner guten Leistungen nicht für die Olympischen Reiterspiele in Hongkong berücksichtigt wurde, dürfte im Falle eines erneuten Derbysieges nach den obligatorischen Ehrenrunden eine Feier im kleineren Kreis vorziehen. Vor zehn Jahren gab es quasi ums Eck eine Grillparty mit Familie und Freunden bis tief in die Nacht.