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Hamburg. Der Termin wurde gestern festgelegt: Am 10. Januar 2009, 15 Tage vor der Neuwahl zum Aufsichtsrat, laden die Organe des HSV alle Kandidaten für das Kontrollgremium ins Haus des Sports ein, um sich persönlich vorzustellen, ihre Ziele und Ideen zu formulieren und sich einer - so die Hoffnung - sachlichen Diskussion zu stellen. Schon jetzt steht aber fest, dass ein Kandidat besonders im Fokus stehen wird: Johannes Liebnau.

In den Internet-Foren wird seit Wochen diskutiert, ob sich ein mögliches Aufsichtsrats-Mandat mit seiner Tätigkeit an Spieltagen verträgt : Mit dem Megafon versucht der 26 Jahre alte Betriebswirt als "Capo" (Einpeitscher) bei den Fans für Stimmung zu sorgen. Dass er diesen Job nicht aufgeben will, machte er von Anfang an deutlich und kommunizierte seine Haltung auch offensiv innerhalb des Vereins, nach dem Motto: "Wer mich in dieser Form nicht im Aufsichtsrat haben möchte, braucht mich ja nicht zu wählen."

Anlass für erneut hitzige Diskussionen ist jetzt das Spiel gegen Werder Bremen. "Bild" veröffentlichte ein Protokoll der von Liebnau angestimmten Schmähgesänge, und auch Abendblatt-Polizeireporter Sascha Balasko hatte Schlachtrufe wie "Tod und Hass dem SVW" oder "Scheiß Werder Bremen" registriert.

Die Frage, die die Mitglieder beantworten müssen: Kann jemand im Aufsichtsrat sitzen und weiter Einpeitscher sein? "Ja, an meiner Grundeinstellung hat sich nichts geändert", sagte Liebnau gestern zum Abendblatt, und betonte zugleich, dass er mit den Gesängen "auf keinen Fall zur Gewalt aufrufen" wollte. Sollte dieser Eindruck entstanden sein, "distanziere ich mich davon." Er habe am Mittwoch viel Zuspruch aus dem Verein erfahren, auch von Leuten, die seine Position eigentlich kritisch sehen. "Aber man macht sich schon seine Gedanken, ob man sich das antun muss, schließlich will ich mich ja ehrenamtlich einbringen."

Rückendeckung gab es für Liebnau von seinem Arbeitgeber und HSV-Sponsor. Udo Dewies, Leiter Unternehmens-Kommunikation bei der Holsten Brauerei, sagte: "Johannes Liebnau ist uns als freundlicher und fachlich versierter Mitarbeiter bekannt, und wir wissen, dass er sich bei einem Sportverein engagiert. Das geschieht aber ausschließlich in seiner Freizeit. Dass Herr Liebnau nun für den HSV-Aufsichtsrat kandidiert, ist seine private Angelegenheit. Er hat sich uns gegenüber von jeglicher Form der Gewalt distanziert."

Im Verein jedoch schlagen die Wellen hoch, die Positionen sind extrem. Aufsichtsrats-Chef Horst Becker betonte die Hoheit der Mitgliederversammlung und das Demokratie-Prinzip: "Jeder muss für sich wissen, was er macht und was er für richtig hält, was er für sich vertreten kann. Und wenn Herr Liebnau in den Aufsichtsrat gewählt wird, dann haben die Mitglieder so entschieden. Der Aufsichtsrat des HSV war aber schon immer bunt gemischt." Amateure-Vorsitzender Ilja Eplinius hingegen hält die Verquickung von Aufsichtsrats-Posten und Einpeitscher-Job "für grundsätzlich problematisch, hier liegt ein Konflikt".

Peter Gottschalk, der Vorsitzende der Senioren, betrachtet die Diskussionen aus zwei Positionen: "Einerseits empfinde ich es als eine Unart, wenn Gäste beleidigt werden, aber das ist nicht alleine ein Problem beim HSV, sondern der ganzen Bundesliga." Zugleich stellte sich Gottschalk hinter Liebnau: "Der Seniorenrat unterstützt seine Kandidatur, wir werden unsere schützende Hand über ihn halten. Es kann nicht sein, dass man ihn rauswirft, bloß weil er eine kritische Haltung zum Vorstand hat."

Genau das würde zum Beispiel der Ex-Präsident Wolfgang Klein befürworten: "Wenn ich mir vorstelle, dass ein solcher Mann in den Aufsichtsrat gewählt wird - das ist unglaublich, das kann es einfach nicht sein. Dieser Mann ist einfach nur niveaulos", regte sich Klein auf. "Früher wäre eine solche Wahl unmöglich gewesen: Wir, der HSV, sind mit allen Bundesligaklubs befreundet, wir treffen uns zum Essen, diskutieren, helfen uns gegenseitig - und ein solcher Idiot beschimpft und bepöbelt unsere Freunde! Das ist so etwas von unter der Gürtellinie, ich kann es nicht fassen."

Ob Liebnau solche Anschuldigungen schaden oder im Gegenteil sogar nützen, weil sich seine Anhänger nun erst recht um ihn scharen, ist die spannende Frage. Dass die Gräben innerhalb des HSV immer tiefer werden, scheint jedoch sicher.