Abendblatt:

Herr Jarolim, am Donnerstag geht es im Uefa-Pokal gegen Slavia Prag, der Klub wird von Ihrem Papa trainiert - wird es das schwerste Spiel Ihres Lebens?

David Jarolim:

Was ist schwer? Mit Sicherheit ist das eine Konstellation, die es nicht einfach macht. Für mich nicht, und für den HSV nicht.



Abendblatt:

Machte die HSV-Niederlage gegen Ajax alles noch schwerer?

Jarolim:

Natürlich, ich hatte gehofft, dass wir nach Prag fahren würden und schon alles klar ist mit unserem Weiterkommen. Jetzt hat dieses Spiel viel Brisanz, denn nur noch der Sieger dürfte in die nächste Runde kommen.



Abendblatt:

Wird die gesamte Familie Jarolim im Stadion sein?

Jarolim:

Auf jeden Fall, und alle freuen sich schon seit Wochen unheimlich auf dieses Spiel.



Abendblatt:

Und Sie nicht?

Jarolim:

Auf der einen Seite ja, auf der anderen Seite nein. Es ist diese besondere Spannung, die ich in mir spüre, das ist nicht nur Freude.



Abendblatt:

Sie wuchsen in einer Fußballer-Familie auf, waren Sie und Ihr Bruder Lukas, der heute in Italien bei Siena spielt, früher auf dem Rasen eigentlich Rivalen?

Jarolim:

Überhaupt nicht. Er war mein großes Vorbild, und zwar im Leben und im Fußball.



Abendblatt:

Wieso das?

Jarolim:

Er hatte eine super Einstellung zum Fußball, hat immer viel für sich getan. Er hat oft länger trainiert, ich habe dann auf ihn gewartet, danach sind wir gemeinsam nach Hause gefahren. Das hat uns verbunden.



Abendblatt:

Wer war denn besser?

Jarolim:

Er war besser, er war ja älter, robuster. Aber er ist leider kein Nationalspieler geworden. Da hatte ich es aber wohl auch ein wenig leichter, denn ich bin schon mit 16 Jahren weg von zu Hause, konnte mich im Ausland in aller Ruhe und unbeobachtet entwickeln, während Lukas in der Heimat doch unter dem Namen Jarolim litt - denn mein Vater war Nationalspieler und Trainer, alle Fans haben von Lukas erwartet, dass auch er eine solche Karriere machen würde.



Abendblatt:

Beneidet Sie Ihr Bruder nun, dass Sie Nationalspieler sind?

Jarolim:

Sicher nicht, er freut sich mit mir und gönnt mir jedes Länderspiel.



Abendblatt:

War Ihr Vater in Sachen Fußball streng zu Ihnen?

Jarolim:

Ja, ich kann sagen, dass ich mit harter Hand geführt worden bin. Mein Vater war bei allen Jugendspielen von mir dabei, ich wusste immer genau, wo er stand, ich habe es förmlich gespürt - und bei einem Fehler von mir habe ich den Blickkontakt zu ihm gesucht und wusste genau, was er denkt, wie sauer er war.



Abendblatt:

Gab es mal Lob für Sie?

Jarolim:

Selten. Wenn er nach den Spielen nichts gesagt hat, dann war er zufrieden mit mir.



Abendblatt:

Haben Sie zuletzt einmal mit Ihrem Vater telefoniert?

Jarolim:

Das ist ganz komisch, er hat mich am Sonntag, nach unserem Spiel in Bochum, nicht angerufen, obwohl er sonst immer nach jedem Spiel am Handy dran ist.



Abendblatt:

Was rechnen Sie sich mit dem HSV in Prag aus?

Jarolim: Wir müssen gewinnen, aber wir müssen dort auch defensiv ganz sicher stehen, denn Slavia ist zu Hause eine Macht.



Abendblatt:

Ist Slavia Prag in etwa so stark einzuschätzen wie der MSK Zilina, den der HSV ja im ersten Gruppenspiel mit 2:1 besiegt hat?

Jarolim:

Nein, Slavia ist deutlich stärker, auch wenn beide Klubs zuletzt 0:0 gegeneinander gespielt haben.