Beim 2:1 der Berliner zeigte der Assistent ein Foul an, der Schiedsrichter ließ weiterspielen.

Berlin. Eine erhobene Fahne, kein Pfiff des Schiedsrichters, ein gedanklicher Aussetzer und ein Tor. Vier Dinge, die beim Spiel Hertha BSC gegen den HSV für reichlich Ärger und viel Diskussionsstoff sorgten. Das Siegtor der Berliner, so urteilten die Hamburger, sei irregulär gewesen. Aber war es das wirklich? Darüber streiten sich die Gelehrten. Nur Sekunden nach dem 1:1 der Berliner gab es jene Szene, die die Gemüter auf Hamburger Seite erhitzte: Der Berliner Voronin lenkt - wieder auf der linken HSV-Seite (!) - eine Ball in den Lauf von Nicu weiter, Voronin wurde dabei von Joris Mathijsen gefoult. Deshalb hob Schiedsrichter-Assistent Detlef Scheppe die Fahne, um seinem "Chef" Thorsten Kinhöfer das Foul anzuzeigen. Der Unparteiische ließ aber den Vorteil gelten, denn Nicu zog mit dem Ball Richtung HSV-Strafraum. Der Hamburger, der den Berliner noch stoppen hätte können, Bastian Reinhardt, erkannte die erhobene Fahne des Assistenten und stellte die Abwehrarbeit vorübergehend ein - ein Fehler. Der Rest ist Geschichte, die Berliner erzielten mühelos das 2:1. Der Sieg.

Und der negative Höhepunkt aus HSV-Sicht. "Ich war Abwehrspieler, habe über 500 Spiele gemacht, da stoppte man, wenn der Linienrichter die Fahne hob, um etwas anzuzeigen. Ich war froh, wenn ich dann aufhören konnte zu laufen", sagte HSV-Trainer Martin Jol zur viel diskutierten Szene. Und er ergänzte: "Wenn das die neue Regel ist, dann ist sie falsch."

Tatsächlich? Thorsten Kinhöfer, der Fifa-Unparteiische aus Herne, ist vom Gegenteil überzeugt: "Der Assistent kann seine Fahne heben, aber die Entscheidung trifft immer der Schiedsrichter." Der 40-jährige Abteilungsleiter, einst jahrelang bei Welt-Schiedsrichter Hellmut Krug an der Linie, weiter: "Es wäre optisch besser gewesen, wenn Detlef Scheppe mit dem Anzeigen des Fouls noch ein wenig gewartet hätte, aber er hat die Szene so beurteilt. Ich hatte jedoch die bessere Übersicht, habe den Vorteil erkannt. Die Fahne war unglücklich, aber Scheppe hatte sich ja sofort korrigiert." Kinhöfer weiter: "Die Fahne ist keine Ausrede für einen Spieler, stehen zu bleiben." Und: "Unterbrochen ist das Spiel erst, wenn der Schiedsrichter gepfiffen hat."

Bastian Reinhardt wird es jetzt auch verinnerlicht haben. Der 32-jährige Abwehrrecke zu diesem Tor: "Der Assistent an der Linie hat mich mit der erhobenen Fahne irritiert. Deshalb blieb ich spontan stehen. Und wenn man stehen geblieben ist, dann holt man keinen Stürmer mehr ein, der im Höchsttempo an einem vorbeiläuft." Reinhardts schmerzliches Fazit: "Dann bin ich eben wieder der Depp, damit muss ich nun leben."

Vom Trainer und von den Kollegen gab es keine Vorwürfe für ihn. Obwohl diese Lektion bitter für alle war. Torschütze Mladen Petric ging fair mit der Geschichte um: "Ich würde nicht sagen, dass das unbedingt ein Fehler des Schiedsrichters war. Es passiert doch öfter, dass ein Assistent die Fahne hebt, zum Beispiel dann, wenn jemand passiv im Abseits steht, und dann wird auf Vorteil entschieden." Petric sagte aber auch: "Als Bastian Reinhardt stehen blieb, war das allerdings ein übertriebener Vorteil für die Berliner, da weiß ich dann nicht, ob man das nicht doch abpfeifen sollte."

Ähnlich denkt Abwehrspieler Joris Mathijsen: "Der Schiedsrichter entscheidet auf Vorteil - das kann passieren, aber ich denke, er hätte pfeifen müssen. Obwohl die Regel wohl auf seiner Seite ist. Aber vielleicht sollte man immer so lange weiterspielen, bis der Schiedsrichter pfeift." Mathijsen ergänzte traurig: "Leider passiert uns wieder eine solche Szene."


Pressekonferenz nach Niederlage


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