Das Team von Martin Jol erlebt im Nordderby ein Debakel; Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer äußert sich nach dem Spiel angefressen. Hannover hat seine Tormöglichkeiten konsequent genutzt und in Fromlowitz einen sicheren Rückhalt gehabt. Der HSV agierte insgesamt zu harmlos in der Offensive.

Hannover. Auf der Autobahn A 7 lief der Verkehr zwischen Hamburg und Hannover lief der Verkehr eigentlich recht flüssig. Dass der HSV-Mannschaftsbus auf der Fahrt in die AWD-Arena in irgendwelche Nöte gekommen wäre, war nicht bekannt, und dennoch: Die Hamburger spielten gegen die Bundesliga-Kollegen von Hannover 96 gerade so, als hätten sie soeben komplett ein Schleudertrauma erlitten. Das war Sommerfußball, das hatte mit Liga-Spitze nicht im Entferntesten zu tun, das war einfach nur Käse. Deshalb war der 3:0-Sieg der Niedersachsen auch völlig verdient. "Wir sind heute zum sechsten Mal in der Saison mit 0:2 in Rückstand geraten. Das darf einfach nicht passieren, wenn man den Anspruch hat oben mitspielen zu wollen", zürnte Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer nach der Partie.

96 spielte ohne die etatmäßige Innenverteidigung, darüber hinaus fehlten weitere Stammspieler - aber Hannover spielte mit Herz. Der HSV trat mit der üblichen Abwehr an, aber was sich diese Viererkette leistete, war nicht erstligatauglich. Allen voran der niederländische Nationalspieler Joris Mathijsen, der von allen guten Geistern verlassen war. Den ersten Treffer aber leitete Guy Demel mit einem Fehlpass ein. Den anschließenden Weitschuss von Bastian Schulz hätte Torwart Frank Rost an guten Tagen per Kopfball geklärt, diesmal aber war der Routinier aber schlichtweg überfordert, er suchte das Tor und den Ball und so hieß es zum Erstaunen aller in der fünften Minute 1:0 für Hannover 96. Der HSV schwamm danach, in der Innenverteidigung ging es drunter und drüber, weil Mathijsen völlig von der Rolle war, und so war das 2:0 keineswegs eine Überraschung. Als die gesamte HSV-Defensive auf Begleitservice umgeschaltet hatte, stolzierten die Niedersachsen durch die Hamburger Abwehr wie ein Messer durch die warme Butter. Unfassbar, was beim zweiten 96-Tor passierte, niemand aus Hamburg griff ein, Schlaudraff bedankte sich mit einem Linksschuss in die lange Ecke (18.).

"So vorführen, wie beim 0:3 in Mannheim gegen Hoffenheim, lassen wir uns nie wieder. Auf eine solche Art und Weise verlieren wir nicht mehr", hatte HSV-Trainer Martin Jol vorher angekündigt, nur hatte er dieses Versprechen offenbar nicht mit seiner Mannschaft abgesprochen. . . Die konnte den pomadigen Beginn, die völlig verkorkste erste Halbzeit auch durch einen engagierteren zweiten Durchgang nicht mehr kompensieren, obwohl sie stets auf den Anschluss drückte.

Aber was nützt eine gute Bilanz in Sachen Ballbesitz, wenn es am Ende keine Tore gibt? Fast logisch für diese desolate HSV-Vorstellung: Der nächste Treffer fiel auf der Gegenseite. Schlaudraff zu Huszti, der flach zur Mitte, und dort musste Stajner die Kugel nur noch über die Torlinie drücken 3:0. Fußball einfach gemacht durch die HSV-Abwehr, die auch in dieser Szene wieder nur eine katastrophale Statistenrolle spielte. Da war von Klasse nichts, aber absolut nichts zu sehen. Solche Anfängerfehler werden eben auch von Mannschaften bestraft, die in den unteren Regionen herumkreb-sen. Die aber voller Leiden-schaft zur Sache gehen.

Mit der dritten Saisonniederlage dürfte sich der restlos versagende HSV (vorerst) aus der Bundesliga-Spitze verabschiedet haben. Und Ansprüche auf einen Startplatz in der Champions Lea-gue dürfte nach einer solchen miesen Vorstellung ohnehin kei-ner mehr haben.