HAMBURG. Wenn Björn Jahnke (24) seinen Sport ausübt, ist das Letzte, was er gebrauchen kann, Applaus vom Publikum. Ruhe und Konzentration sind ganz wichtig, denn wenn seine Hände zu zittern beginnen, hat er so gut wie verloren. Björn Jahnke spielt mit dem Snookerclub Hamburg in der Bundesliga und empfängt zum Saison-Höhepunkt am Sonntag den Deutschen Meister aus Berlin.

"Der Sport wird nie langweilig", sagt Jahnke. Snooker gilt als Königsdisziplin des Billard oder "Schach auf dem Kammgarn", wie die Spieler des Snookerclubs Hamburg in Anspielung auf den grünen Tischbelag sagen.

Der Tisch ist größer als beim normalen Billard, die Kugeln kleiner, die Taschen enger. Dazu gibt es 15 rote Bälle und sechs andersfarbige, die abwechselnd versenkt werden müssen und unterschiedliche Punkte bringen. Der Spielball ist eine weiße Kugel. Die einzige, die direkt mit dem Queue berührt werden darf.

Wer keinen Ball versenken kann, versucht seinen Gegner zu snookern, also die weiße Kugel zu spielen, dass sie so liegt, dass auch der Gegner keinen Ball auf direkter Linie einlochen kann. Dabei entscheiden Millimeter, Geschicklichkeit und Präzision. "90 Prozent eines Stoßes muss man schon im Kopf vorbereiten", sagt Jahnke. Darum auch das Klatsch-Verbot.

Doch obwohl die Sportart so ruhig ist, boomt sie. Erst im Jahr 2000 gegründet, ist der Hamburger Snookerclub mittlerweile der größte Verein in Deutschland, "denn es gibt unendlich viele Varianten. Kein Stoß ist praktisch schon mal dagewesen", sagt Jahnke. Liegt eine Kugel nur einen Tick weiter links oder rechts, kann sie schon viel leichter oder schwerer anzuspielen sein.

Auch in Hamburg ist der Ansturm groß. Immer öfter kommen Väter mit ihren Söhnen, die Snooker im Fernsehen gesehen haben, in das Haus auf einem unscheinbaren Hinterhof an der Bramfelder Straße, in dem der Verein seinen gediegenen Klubraum hat, in dem die 100 Mitglieder spielen können. Unter den vielen Snooker-Fans sind allerdings nur drei Frauen. "Bei so vielen Männern sind wir ein sozial interessantes Umfeld für Frauen", sagt der Vorstandsvorsitzende Ole Steiner (38), der neben weiblichem Zuwachs auch auf Sponsoren hofft. Insbesondere für die Bundesliga-Mannschaft, deren Trainer Steiner ist.

Zweimal pro Woche macht er sein Team, das seine erste Saison im Oberhaus spielt und derzeit noch auf dem letzten Tabellenplatz liegt, fit für die Spiele. "Dabei kann es sein, dass wir mal zweieinhalb Stunden nur über Fußstellung, Gewichtsverlagerung oder die Position des Handgelenks diskutieren", sagt Jahnke schmunzelnd. Wer Snooker spielt, braucht Zeit und Muße.

Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum der Snookerclub Tag und Nacht geöffnet ist und genutzt wird - von Schichtarbeitern, 24-Stunden-Turnier-Spielern oder Snooker-Begeisterten, die die Zeit vergessen und dann die Nacht durchspielen, während ihre Frauen daheim sitzen, warten und sich die Finger wund wählen, um ihre Männer auf dem Handy zu erreichen. Vergeblich! Denn im Snookerclub herrscht natürlich Handy-Verbot - der Ruhe wegen.