DORTMUND. Wissem Hmam spricht ruhig. Seine Antworten sind wohlüberlegt. Dennoch lodert in seinen Augen ein Feuer. Genau das macht den Star der tunesischen Handball-Nationalmannschaft auf dem Parkett so unberechenbar. "Auf dem Feld explodiert er. Er hat ein unwahrscheinliches Potenzial. Trotz seiner Jugend ist er schon ein kompletter Spieler", lobte Tunesiens Coach Sead Hasanefendic seinen Musterschüler. An diesem Donnerstag soll Hmam seine individuellen Fähigkeiten gegen Deutschland abrufen und Tunesien auf Viertelfinalkurs bringen.

"Wir wollen gegen Deutschland gewinnen", sagte Hasanfendic. In den bisherigen fünf Spielen hat sein Team vier Niederlagen kassiert und in der letzten Begegnung am 26 März 2005 in Paris 30:30-Unentschieden gespielt. Hasanfendic, der schon die Bundesligavereine Hameln und Gummersbach betreute, glaubt jedoch nicht an ein Scheitern der WM-Gastgeber in der Hauptrunde: "Ich bin sicher, dass Deutschland auf jeden Fall ins Viertelfinale kommt. Auch das Halbfinale ist möglich."

Sein Starspieler will wie bei der letzten WM mindestens Vierter werden. "Im schlimmsten Fall wollen wir bei den sechs besten Mannschaften der Welt sein", erklärte Hmam. Ein verlegenes Lächeln huscht dabei über sein Gesicht mit dem lustigen Ziegenbärtchen. Dieses Minimal-Ziel ist jedoch in großer Gefahr. Nach der Vorrunden-Niederlage gegen Slowenien und dem gestrigen 30:36 gegen Island geht es für die selbstbewussten Nordafrikaner, die letzten Nicht-Europäer im Turnier, gegen die DHB-Auswahl bereits um Alles oder Nichts.

Auf den Gastgeber kommt ein schwerer Brocken zu. Hmam ist wegen seiner athletischen Wucht nur schwer zu bremsen. "Er hat ein fantastisches physisches Potenzial. Er kann sehr hoch springen, ist schnell, hat enormes Ballgefühl, setzt seine Mitspieler geschickt ein und steht auch sehr gut in der Abwehr", sagte Hasanefendic.

Der Stern von Hmam ging bei den Titelkämpfen vor zwei Jahren auf, als er als Torschützenkönig mit 81 Treffern sein Team auf den vierten Platz führte. Nach der WM sicherte sich die französische Spitzenmannschaft Montpellier HB die Dienste des Juwels, der mit zehn Jahren in seinem Heimatdorf Menzel Tmim im Norden des Landes mit dem Handball spielen begann. Später zog es das Talent zum tunesischen Erstligaklub Esperance Sportif de Tunis. In Frankreich hat sich Hmam kontinuierlich weiterentwickelt und gilt als einer der besten linken Rückraumspieler der Welt.

Damit ist der 25-Jährige aber noch nicht zufrieden. "Ich möchte mein Image als guter Handballer bei der WM beibehalten. Ich versuche, mich stetig zu verbessern. Jedes Spiel hilft mir dabei", sagte Hmam, der sich aber bewusst ist, dass dies nur mit Hilfe seiner Kollegen funktioniert. "Wichtig ist nur das Team. Eine Hand klatscht nicht allein. Ich hoffe, dass ich meine Mannschaft mit meiner Leistung motivieren kann", sagte Hmam bescheiden.

Tunesiens Trainer Sead Hasanefendic sagt: "Normalerweise ist Deutschland der Favorit. Aber wir wollen ins Viertelfinale, müssen deshalb gewinnen. Das ist unser Ziel."