TV-Kritik

Stünde das Phrasenschwein des Deutschen Sportfernsehens (DSF) derzeit in der Eurosport-Zentrale in Turin, es müßte entweder vor Überfüllung geschlossen werden oder vor Freude platzen. Denn was sich da so alles an Sprachhülsen tummelt, ist aller (Un)ehren wert. Da wird wahlweise "das Kind mit dem Bade ausgeschüttet" oder auch nicht, da ist noch längst "nicht alles in trockenen Tüchern", da müssen die Athleten "ihr Herz in beide Beine nehmen", oder da kommt der Bronzemedaillengewinner im 15-Kilometer-Langlauf klassisch, Tobias Angerer, "mit dem letzten Tropfen Sprit im Tank" ins Ziel.

Und trotzdem: Die Chefkommentatoren Dirk Thiele und Siggi Heinrich verfolgen das Geschehen mit einer Leidenschaft und mit Emotionen pur, die bei den Öffentlich-Rechtlichen von ARD und ZDF nur schwerlich zu finden sind. Wer noch Olympiasport pur erleben will, der ist mit Eurosport blendend bedient. Wer aber anschließend die Siegerehrung live verfolgen will, der muß doch wieder zur ARD umschalten, weil sich Eurosport da längst auf Curling spezialisiert hat. Und wer O-Töne von Tobias Angerer hören will, wird von dem Sportnischensender natürlich auch später bedient als im Ersten.

Als gestern über 15 Kilometer der Este Andrus Veerpalu als Sieger die Ziellinie überquerte, steigerte sich Dirk Thiele in ein: "Hoch lebe Estland!" Nein, hoch lebe Dirk Thiele. Und auch Siggi Heinrich. Oder um es wie Thiele zu formulieren: "Die Bronzemedaille von Angerer glitzert auch ein bißchen gülden." Genau dies gilt auch für Eurosport.