Skispringen: Bundestrainer gibt Schmitt den Vorzug

PRAGELATO. Als Martin Schmitt freudestrahlend die Nachricht von seinem Olympia-Einsatz auf der Großschanze erhielt, rastete Teamkollege Alexander Herr völlig aus. Nach der Niederlage in der internen Ausscheidung im Abschlußtraining der Skispringer reagierte der Schonacher seine Wut zunächst an der Tür des Team-Containers ab und setzte danach zu einer Verbalattacke gegen Bundestrainer Peter Rohwein an. "Diese Entscheidung ist eine absolute Lachnummer. Das zeigt die Kompetenz des Trainers. Ich war vorher in jedem Sprung besser als Martin", kritisierte Herr.

Dabei verschwieg der Schonacher jedoch, daß er im ersten Training am Dienstag mit einem regelwidrigen Anzug gesprungen war und sich damit einen besseren Gesamteindruck erschummelt hatte. "Ich will das nicht als Betrug bezeichnen, aber das war nicht in Ordnung", kritisierte Rudi Tusch, Technischer Direktor Skisprung im Deutschen Skiverband. "Wir werden uns am Abend zusammensetzen und beraten", betonte Tusch.

Rohwein sah die Attacke zunächst gelassen. "Ich nehme es nicht so persönlich. Es war eine Entscheidung, die getroffen werden mußte, und die tut einem weh, das war klar. Ich bin nicht nach dem Training gegangen, sondern nach dem einen Wettkampf heute", erklärte der Coach, der disziplinarische Maßnahmen nicht ganz ausschloß. "Ich muß erst einmal alles Revue passieren lassen und dann entscheiden." Im Auto verließ Herr, der die sofortige Heimreise ankündigte, fluchtartig die Anlage in Pragelato.

In der Ausscheidung am Freitagabend hatte Schmitt 121,5 Meter vorgelegt und damit das bessere Ende für sich. "Es gab eine klare Aussage von Peter Rohwein, deshalb empfinde ich die Entscheidung nicht als Lachnummer. Alex ist alt genug und muß wissen, was er sagt", erklärte Schmitt, der sich zu Herrs zu großen Anzügen, die bessere Flugeigenschaften aufweisen, nur vorsichtig äußern wollte. "Das war für mich kein Thema. Hier ist Olympia, da springt man im Training nicht mit zu großen Anzügen", sagte der 28 Jahre alte Routinier, der pikanterweise mit Herr ein Zimmer im Appartement bewohnt. "Ich glaube nicht, daß jetzt dicke Luft herrscht", meinte der Schwarzwälder.

Auch der Berchtesgadener Michael Neumayer rechnet mit einem guten Ausgang des Konfliktes. "Wir hoffen alle, daß er da bleibt. Alex ist ein Supermann für das Teamspringen. Wir haben kein Problem, mit ihm weiter zu springen", sagte der Olympia-Debütant. Die Entscheidung für Schmitt fiel Rohwein nicht schwer. "Wir hatten vorher gesagt, der letzte Sprung entscheidet. Ich hätte Martin schon auf der kleinen Schanze einsetzen können, denn er war nicht meilenweit weg von den anderen. Martin stellt sich hier stark verbessert vor", sagte der Bundestrainer.

Am späten Abend sicherten sich alle vier deutschen Skispringer die Teilnahme für den Wettbewerb von der Großschanze. Michael Neumayr und Martin Schmitt schafften mit Sprüngen auf 125 und 114,5 Meter die Qualifikation. Michael Uhrmann und Georg Späth waren bereits gesetzt. Uhrmann kam auf 121,5 Meter, Späth erreichte als bester Deutscher 126,0 Meter. Tagesbeste waren der Österreicher Thomas Morgenstern und der Finne Janne Ahonen mit jeweils 136 Metern.

"Ich bin gut in Form und traue mir am Sonnabend eine bessere Weite zu als heute in der Qualifikation", sagte Uhrmann.