Der Wimbledonsieger will keine Antrittsgelder zahlen und lieber in Service und Programm investieren.

Hamburg. Es muss zum Tee etwas Süßes sein an diesem Vormittag. Michael Stich steht dazu. "Auch als Tennisprofi habe ich nie auf ein Stück Schokolade verzichten wollen. Und als ich es mal getan habe, fühlte ich mich gleich furchtbar schlapp", sagt er. Jetzt steckt er voller Energie. Die braucht er. Der 40-Jährige ist der neue Direktor des Tennisturniers am Hamburger Rothenbaum. Und der sei zwar kein Fall für Peter Zwegat, Deutschlands bekanntesten Schuldenberater, "aber wir werden auch genau hinschauen, in welchen Bereichen wir Geld ausgeben, und wo wir welches einsparen können".

Das Hamburger Tennisturnier hatte den Deutschen Tennisbund (DTB) in den vergangenen Jahren fast in den Ruin getrieben. 2008 machte die Veranstaltung trotz gestiegener Zuschauereinnahmen immer noch rund 400 000 Euro Minus. Das soll sich ändern, obwohl vom 18. bis 26. Juli erstmals in der Geschichte des Rothenbaums die weltbesten Spieler wie Rafael Nadal oder Roger Federer nicht mehr verpflichtet sind, in Hamburg aufzuschlagen. Die Veranstaltung wurde von der Herrentennis-Organisation ATP in die zweite Kategorie herabgestuft. Dagegen klagt der DTB weiter vor amerikanischen Gerichten. In erster Instanz verlor der Verband, die Berufung ist noch nicht terminiert. Siegt die ATP erneut, will sie auch ihre Anwaltskosten, bislang 17 Millionen Dollar, vom DTB erstattet sehen.

"Da schwebt ein Damoklesschwert über dem Verband", sagt Stich. Sein Engagement für das Turnier erschüttert diese Drohung nicht. Er glaubt an den Rothenbaum. "Dieses Turnier hat Tradition, Klasse und Atmosphäre, und deshalb wollen wir es erhalten, für Hamburg, für das Tennis und vor allem für die Fans. Und wir können es schaffen. Es muss doch nicht immer das Erste und Beste sein. Es wird diesmal auch kein zweistöckiges Vip-Zelt auf der Anlage geben, dafür aber besseren Service und ein für alle Altersgruppen und Familien unterhaltsames Rahenprogramm bei moderaten Eintrittspreisen. Wir werden, das verspreche ich, den Zuschauern auch in diesem Jahr eine höchst attraktive Veranstaltung mit Weltklassetennis bieten. Und dazu sind die Nummer 20 und 30 der Weltrangliste ebenfalls bestens in der Lage." Der Fan, sagt Stich "ist das Herzstück des Turniers". Er werde bei allen Konzepten im Mittelpunkt der Überlegungen stehen.

Mit Detlef Hammer hat Stich die Hamburg Sport & Entertainment GmbH (HSE) gegründet. Hammer ist ein Kommunikationsprofi, Stich bringt den sportlichen Sachverstand in die Beziehung ein. Die Agentur More Events soll die Organisation leisten. Die vertraglichen Vereinbarungen mit dem DTB sind allerdings bislang nicht unterschrieben. Das mag den Grund haben, dass der Verband 1,2 Millionen Euro für das Turnier bereitstellen soll, aber erst die Hälfte zusammenhat, rund 400 000 Euro durch die Akquise von Handelskammer-Präses Frank Horch und 200 000 Euro von der Stadt über die Hamburg Marketing. Stich versteht die Zurückhaltung des Senats nicht: "Der Rothenbaum ist ein Wirtschafts- und ein Imagefaktor für die Stadt. Das Turnier wirbt weltweit für Hamburg. Eine Ausfallbürgschaft würde bereits helfen."

Stich ist überzeugt, dass diese nicht Anspruch genommen würde. Der Etat des Turniers wurde von 5,5 Millionen (2008) auf jetzt 3,5 Millionen Euro reduziert. "Es können am Ende auch drei Millionen werden", sagt Stich, "wir werden aber kein Minus machen. Das Turnier in dieser Form ist finanzierbar, die weit höher dotierten Masters-Turniere der vergangenen Jahre waren es nicht." Zur angestrebten Deckung des Budgets braucht er weitere Sponsoren. Stich: "Auch da bleibe ich optimistisch. Wir stehen trotz der Finanzkrise in aussichtsreichen Verhandlungen mit einigen namhaften Unternehmen." Selbst seine Vision mag er bereits formulieren: "Warum soll es in fünf oder zehn Jahren nicht ein kombiniertes Damen- und Herrenturnier am Rothenbaum geben. Für diese Idee lohnt es sich zu arbeiten."

Zurück zu 2009. Philipp Kohlschreiber und Rainer Schüttler, die derzeit beiden besten deutschen Tennisprofis, haben ihre Teilnahme zugesagt, weitere Anmeldungen werden erwartet. Die internationalen Stars - zwei aus den ersten sechs der Weltrangliste, dazu zwei aus den Top 12, garantiert die ATP - müssen sich erst sechs Wochen vor Turnierbeginn äußern. Hohe Antrittsprämien, wie sie bei anderen deutschen Turnieren in Halle (Westfalen) oder Stuttgart gezahlt werden, schließt Stich aus: "Wir können und wollen keine 350 000 bis 500 000 Euro für einen Nadal oder Federer ausgeben."

Dass einer von beiden trotzdem in Hamburg antreten wird, hofft Stich: "Es gibt bei uns gutes Preisgeld und viele Weltranglistenpunkte zu gewinnen. Der Rothenbaum gehört weiter zu den 20 besten Turnieren der Welt und genießt ein hohes Ansehen bei den Spielern. Wir werden dafür sorgen, dass dies so bleibt."