Vier der anfangs fünf Proficoaches, die ihren Fußballlehrerschein machen, wurden in dieser Saison schon von ihren Klubs entlassen. Nur einer sitzt immer noch fest im Sattel. Sein Name: Holger Stanislawski. Sein Ziel: Mit dem FC St. Pauli für Furore sorgen.

Hamburg. Als Holger Stanislawski vor einigen Tagen auf sein Handy guckte, hielt er die Kurzmitteilung zunächst für einen schlechten Scherz. Trainerkollege Christian Wück, der mit St. Paulis Coach bis April den Fußballlehrerlehrgang in Köln besucht, hatte geschrieben, dass er beim Zweitliga-Aufsteiger Rot Weiss Ahlen entlassen wurde. Da Wück und Stanislawski sich öfters nicht ganz ernst gemeinte Nachrichten schicken, habe er den Inhalt zunächst nicht geglaubt, erinnert sich Stanislawski. Doch nach einem Telefonat war klar, dass Wück diesmal nicht zu Scherzen aufgelegt war. Wegen der "sportlich negativen Tendenz der vergangenen Wochen sowie die aufgrund seiner Ausbildung zum Fußballlehrer bedingte Abwesenheit beim Training" habe sich Ahlens Präsidium für die Entlassung Wücks entschieden, teilte der Klub später mit. Eine Erklärung, die Stanislawski nicht verstehen kann und will: "Es ist erschreckend und bedauerlich, was in Ahlen mit Christian passiert ist."

Nach Wücks Entlassung ist Stanislawski der letzte von anfangs fünf Profitrainern, die parallel zur laufenden Saison für ihren Fußballlehrerschein in Köln lernen. "Eigentlich sollte das Ziel sein, dass die Trainer durch die längere Ausbildung besser qualifiziert und in ihrer Position gestärkt werden. Leider muss man heute sagen, dass der Trainer das schwächste Glied der Kette bleibt", sagt St. Paulis Coach desillusioniert und ergänzt: "Es ist schon sehr fragwürdig, wenn man bedenkt, dass ich von ursprünglich fünf Profitrainern der letzte Mohikaner bin." Vor Wück waren bereits Henning Bürger (Jena), Christian Hock (Wehen) und Christian Ziege (Mönchengladbach) beurlaubt worden.

DFB-Chefausbilder Frank Wormuth ist die Entwicklung der vergangenen Monate sehr wohl aufgefallen, er sieht die Schuld aber weniger bei der vor der Saison verschärften Kursform, sondern viel mehr bei den Vereinen: "Die Verantwortlichen der Klubs wussten doch, auf was sie sich einlassen. Wir können nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn die Vereine Trainer einstellen, die nicht die nötige Lizenz vorweisen können." Der aus dem Quintett als Erster entlassene Bürger sieht die Sachlage anders. "Wir sind doch nur Versuchskaninchen in Köln. Es war von Anfang an klar, dass man nicht von Montag bis Donnerstag in Köln sein kann, gleichzeitig aber die Mannschaft für das nächste Spiel einstellen soll", sagt Bürger, der auch seinem Sitznachbarn Stanislawski den Aufwand anmerkt: "Holger leistet in dieser Saison Unmenschliches. Durch die Doppelbelastung kann man sich ein geregeltes Privatleben abschminken."

Um Profitrainer, die gleichzeitig für ihre Lizenz in Köln büffeln, zu entlasten, soll der Trainerlehrgang in der kommenden Saison erneut reformiert werden. So soll die Gesamtdauer des Kurses von elf auf zehn Monate reduziert, die Anwesenheitspflicht von Montag bis Mittwoch beschränkt werden. Dies bestätigte Wormuth dem Abendblatt. "Ohne den 'Fall Babbel' würde es diese notwendigen Umstrukturierungen doch gar nicht geben", kritisiert Bürger, der glaubt, dass Vereine wie Jena ausgelacht worden wären, hätten sie ähnliche Forderungen wie derzeit der VfB Stuttgart gestellt. Zur Erinnerung: Stuttgart verhandelt seit Monaten mit dem DFB über eine Lösung, nach der der lizenzlose Markus Babbel auch in der kommenden Saison VfB-Trainer bleiben kann. "Mit Babbel hat das nichts zu tun. Selbst ein reformierter Lehrgang muss ständig hinterfragt werden - nichts Anderes haben wir gemacht", widerspricht Wormuth.

Eine Aussage, die den aktuell vereinslosen Traineranwärtern Bürger, Hock, Wück und Ziege bis zum Ende des jetzigen Lehrgangs nicht mehr hilft. Ihr einziger Trost: In vier Wochen ist der Kurs überstanden. Nur eins wird sich laut Bürger auch mit Lizenz niemals ändern: "Als Trainer ist man einfach die ärmste Sau."