Wie Mirko Woitschig (FC St. Pauli) und Martin Eick (Hansa) über die Krawalle im Hinspiel und die Folgen für die Partie am Freitag denken.

Abendblatt:

Herr Woitschig, hassen Sie Hansa Rostock?

Mirko Woitschig:

Nein.



Abendblatt:

Herr Eick, wie steht es mit Ihnen und dem FC St. Pauli?

Martin Eick:

Ich hasse St. Pauli nicht, aber ich habe eine Abneigung gegen gewisse Personen. Bei arbeitslosen Punkern, die da auch noch stolz drauf sind, kommt es mir hoch.



Abendblatt:

Worin liegt die allgemeine Rivalität denn begründet?

Eick:

Es gibt in Rostock immer noch eine rechte Szene so wie es eine linke bei St. Pauli gibt.



Woitschig:

Das Problem ist die rechte Szene und vor allem, dass bei Hansa nichts dagegen unternommen wird. Ich stand beim Hinspiel im Auswärtsblock, ein paar Meter neben uns Kahlköpfige mit Hitlergruß. Aber das ganze Stadion sang: "Wir haben einen Hassgegner, das sind die schwulen Hamburger."



Eick:

Man muss unterscheiden zwischen der rechten Szene und den Fans. Ich verspüre mehr Hass gegen die, die alles kaputt machen als gegen St. Pauli. Schließlich bin ich gerade Vater geworden und will meinen Sohn auch mal ins Stadion mitnehmen.



Woitschig:

Ich glaube ja nicht, dass der Rostock-Fan an sich rechts ist. Aber das Rostocker Publikum hätte diese Leute auspfeifen oder rausschmeißen können als unser Spieler Morike Sako mit Affengeräuschen bedacht wurde.



Eick:

Man muss aber auch wissen, dass das nicht nur Rostocker sind. Da sind Cottbuser, Dresdner und andere aus der rechten Szene dabei. Da trifft sich gerade gegen St. Pauli der halbe Osten, der Bock auf Krawall hat. Und wenn die Linken Bock auf Krawall haben, dann gehen sie zu St. Pauli. Egal ob sie aus Bremen oder aus München kommen.



Abendblatt:

Was kann man denn als Fan dagegen unternehmen?

Eick:

Fast gar nichts. Bei Hansa sind die Fans auch einfach nicht so drauf wie bei St. Pauli, wo jeder zweite ein Schild hochhält.



Woitschig:

Aber man kann sich doch gegen Rassismus und Homophobie organisieren. Durch Wegschauen wird es nicht besser. Warst du im Hinspiel nicht dabei?



Eick:

Was heißt dabei? Ich stand im Block, ja. Aber ich habe keine Parolen geschmettert oder den Hitler-Gruß gemacht. Natürlich schreit man mal "Scheiß St. Pauli". Während des Spiels herrscht eine hitzige Atmosphäre, das weißt Du doch selbst.



Woitschig:

Ein Problem ist auch, dass es nach dem Hinspiel keine Sanktionen gab. Ein absolutes Fehlverhalten vom DFB. Die Botschaft an die Rostocker lautete damit doch: "Krawall ist in Ordnung".



Eick:

Dass es keine Strafen gab, fand ich richtig. Denn in Rostock wird bereits etwas getan. Es sind viel mehr Familien im Stadion.



Abendblatt:

Gab es mal eine Situation, in der Sie sich als Rostock-Fan geschämt haben?

Eick:

Nein. Für was und wen bei den echten Hansa-Fans soll ich mich denn schämen? Ich habe keinen Hass gegen St. Pauli.



Woitschig:

Es geht nicht ums Hassen, es geht um Diskriminierung. Schwul ist kein Schimpfwort.



Eick:

Und das ist auch nicht mein Niveau. Dass andere das rufen, finde ich auch schade.



Woitschig:

Dann müssen die Personen aber aus dem Block geholt werden. Ganz klar.



Eick:

Dann braucht man nicht zum Fußball zu gehen. Willst du jetzt bei jedem Spiel hingehen und den Leuten sagen, was sie sagen dürfen und was nicht? Daran sollte man sich nicht hochschaukeln.



Abendblatt:

Und Freitag?

Eick:

Wer glaubt, dass es friedlich bleibt, sollte die rosarote Brille abnehmen.



Woitschig:

Es werden leider Chaos-Tage auf St. Pauli. Und die Polizei stachelt das Ganze noch an.



Eick:

Anstacheln? Die müssen auch mal richtig draufhauen - und nicht nur mit dem Soft-Knüppel. Sollen die mit einer Blume am Helm in den Block? Was wollt Ihr eigentlich? Das wäre das falsche Zeichen für die Chaoten.



Abendblatt:

Was machen Sie beide eigentlich nach dem Spiel?

Woitschig:

Ich werde ins Jolly Roger gehen und ein Bier trinken.



Eick:

Fan-Klamotten ablegen, um friedlich zum Kiez zu kommen.



Abendblatt:

Haben Sie Angst?

Eick:

Nein.



Woitschig:

Angst, dass zu wenig differenziert wird, ja.



Abendblatt:

Was verlangen Sie am Freitag von der Polizei?

Woitschig:

Keine Provokationen.



Eick:

Trennung der Fangruppen.



Abendblatt:

Und von den Fans?

Woitschig:

Dass sich alle an die Stadionordnung halten. Versucht doch, lauter zu sein als wir.



Eick:

Ich hoffe, dass die St. Paulianer nicht provozieren.



Abendblatt:

Verstehen Sie, weshalb Hansa stets die Täter-, St. Pauli aber die Opferrolle erhält?

Eick:

Ja, das sehe ich ein. Denn leider stimmt die Verteilung.



Abendblatt:

Sie freuen sich aber schon noch auf das Spiel?

Woitschig:

Auf jeden Fall, und nach dem 1:5 in München muss der Rasen bei uns brennen.



Eick:

Na klar, das ist ein Derby. Wir gewinnen wie im Hinspiel 3:0.



Woitschig:

Niemals. 3:1 für uns.



Abendblatt:

Würden Sie freiwillig verlieren, wenn es dafür im Gegenzug friedlich bliebe?

Woitschig:

Kein Kommentar.



Eick:

Ich will gewinnen.