Beim nächsten Gegner des FC St. Pauli geht es drunter und drüber. 1860 Münchens Sportchef Miroslav Stevic (Foto) beurlaubte Trainer Marco Kurz, als dieser die Hamburger gerade beobachtet hatte. Ein Zustandsbericht aus München.

München. Dass es vorbei war, erfuhr Marco Kurz in Hamburg. Er hatte das Heimspiel des nächsten Gegners FC St. Pauli beobachtet. Vor seinem Rückflug nach München klingelte dann Kurz' Handy. Sportdirektor Miroslav Stevic war dran und überbrachte 1860 Münchens Trainer die Nachricht, dass er beurlaubt sei.

Es ist eine Geschichte, die viel darüber aussagt, wie es derzeit zugeht bei den "Löwen": drunter und drüber nämlich. Die eine Frage ist, warum man einen Trainer, dessen Amtszeit nach einem 1:4 in Duisburg ohnehin als abgelaufen galt, noch für eine Spielbeobachtung ans andere Eck der Republik reisen lässt. Die andere Frage ist, warum man dann nicht warten konnte, bis Kurz mittags zur Arbeit auf dem Trainingsgelände erscheint, um ihn abzuservieren. Beide Fragen lassen sich relativ leicht beantworten, wenn man betrachtet, wer im Moment bei 1860 die Entscheidungen trifft: Miroslav Stevic und Geschäftsführer Manfred Stoffers. M&M, wie sie der Boulevard getauft hat, haben erst in diesem Monat ihre Arbeit im Verein aufgenommen und sind in der Zeit vor allem durch Aktionismus und Sprüche aufgefallen. Man kann es aber auch so sehen, dass sie ihre Arbeit nur so weiterführen, wie sie in ihre neuen Jobs gespült wurden: im Namen des Chaos.

Stevic fing am 2. Februar an. Das war einen Tag, bevor 1860 unter lautem Getöse den Einstieg seines vermeintlichen Retters verkündete. Der Berliner Unternehmer Nicolai Schwarzer sollte mit einem Millioneninvestment dem TSV 1860 das Ende des Balanceakts am finanziellen Abgrund und eine blühende Zukunft in der ersten Liga ermöglichen. Den bisherigen Geschäftsführer Stefan Reuter wollte Schwarzer nicht mehr, also kam Stevic. Welche Verbindung zwischen Schwarzer und Stevic besteht, ist unklar. Unter anderem deshalb wurde die vorher nicht informierte Deutsche Fußball-Liga (DFL) misstrauisch und verweigerte dem Einstieg des fußballfernen Investors vorerst die Genehmigung. Das Vereinspräsidium war bis auf die Knochen blamiert und kippte den Deal. Stevic blieb und bekam am 11. Februar Stoffers zur Seite gestellt. Der war früher Geschäftsführer eines ehemaligen Löwen-Hauptsponsors, hat nach eigenem Bekunden "keine Ahnung von Fußball". Dennoch vergeht kaum ein Tag, ohne dass der hochgradig eitle Stoffers sich zu sportlichen Dingen äußert. Zum stehenden Begriff ist in München inzwischen sein Wort vom "Chili-Fußball" geworden, den er von der Mannschaft erwarte. Am Sonntag war es auch Stoffers, der auf die Entlassung des Trainers pochte. Stevic zögerte. "Da waren wir uneins", gibt Stoffers zu. Er setzte sich durch.

Nach diesem Tohuwabohu ist es nur folgerichtig, dass nun erst einmal Unklarheit herrscht, wie es weitergeht. Kurz' bisheriger Assistent Uwe Wolf fungiert als "Übergangscheftrainer". Dieses Interregnum könnte beim Heimspiel gegen St. Pauli am Sonntag vorbei sein. Es gab schon Gespräche mit Kandidaten. Am häufigsten fällt der Name von Ex-HSV-Trainer Klaus Toppmöller.

Im Moment ist es wohl so, dass Stevic und Stoffers erst einmal herausfinden müssen, ob sie sich überhaupt einen neuen Trainer leisten können. Die vielen Personalwechsel verschlingen viel Geld. Zudem steht der Verein im Moment wieder ohne Investor da. Für 1860 im Februar 2009 bedeutet das: Kein Geldgeber, kein Trainer und auch keine Perspektive.