Ruslan Chagaev darf sich wieder offiziell Weltmeister im Schwergewicht nennen. Der 30 Jahre alte usbekische Boxprofi, der nach seinem im Juni 2008 erlittenen Achillessehnenriss vom Weltverband World Boxing Association (WBA) zum „Weltmeister im Wartestand“ erklärt worden war, besiegte in der Nacht zu Sonntag Carl Davis Drumond (Costa Rica) vor 4300 Fans in der ausverkauften Rostocker Stadthalle durch technischen Punktsieg.

Ringrichter Gustavo Padilla (Panama) hatte den Kampf nach der sechsten Runde abbrechen müssen, weil Chagaev durch mehrere unabsichtliche Kopfstöße seines 33 Jahre alten Gegners zwei schwere Cuts am linken Auge erlitten hatte.

Padilla hatte bereits nach der dritten Runde abbrechen wollen, in der Chagaev nach dem ersten Kopfstoß stark blutete, ließ sich jedoch von Ringarzt Dr. Christoph Goetz von einer Fortsetzung überzeugen. "Nach der sechsten Runde hatte sich aber ein Hautlappen am Lid gelöst, der herunterhing. Deshalb war die Gefahr eines schweren Risses gegeben, und ich habe für Abbruch plädiert", sagte Goetz. Padilla folgte der Empfehlung.

Nach den Regeln der WBA muss ein Kampf, der wegen eines Unfalls beendet wird, nach Beendigung der ersten vier Runden ausgewertet werden. Chagaev lag auf allen drei Punktzetteln vorn (zweimal 58:56, einmal 60:54) und wurde deshalb folgerichtig zum Sieger erklärt. Wäre der Kampf vor Ablauf der vierten Runde abgebrochen worden, hätte das Urteil "No Contest" (nicht gewertet) gelautet. Auch in diesem Fall hätte Chagaev den Titel behalten.

"Ich habe alles versucht, um zu siegen. Es tut mir leid, dass es so geendet ist, aber die Kopfstöße waren unabsichtlich", sagte Drumond nach dem Kampf. Chagaev musste zunächst im Krankenhaus mit sieben respektive vier Stichen genäht werden und danach die Dopingkontrolle absolvieren, sodass er für einen Kommentar nicht mehr zur Verfügung stand. Sein Promoter Klaus-Peter Kohl, Chef des Hamburger Universum-Stalls, sagte: "Ruslan wollte unbedingt weiterkämpfen, aber es war richtig, den Kampf abzubrechen. Die Gesundheit geht vor, und er hat letztlich verdient gewonnen." Nach einer Resolution der WBA muss Chagaev seinen Titel nun bis September gegen den russischen Riesen Nikolai Valuev aus dem Berliner Sauerland-Team verteidigen. Valuev wird von der WBA ebenfalls als Weltmeister geführt. Er hatte den Titel im April 2007 an Chagaev verloren, das versprochene Rematch musste der Usbeke jedoch zweimal wegen Verletzungen absagen. Die WBA erlaubte Valuev deshalb, um den Titel zu boxen, versäumte es aber, ihn als Interims-Champion zu führen. Im August 2008 besiegte Valuev John Ruiz (USA), im Dezember verteidigte er seinen Titel durch umstrittenen Punktsieg gegen US-Altstar Evander Holyfield.

In den vergangenen Monaten hatte dies zu Konfusionen geführt, die der Verband nun mit der offiziellen Ankündigung, zwei Weltmeister im Schwergewicht zu führen, am Sonnabend zu beenden versuchte. Valuev darf bis September noch eine freiwillige Titelverteidigung absolvieren, allerdings nur gegen Holyfield oder einen Boxer aus den Top Drei der WBA-Rangliste. Dies sind Kali Meehan (Neuseeland), Taras Bidenko (Ukraine) aus dem Hamburger Spotlight-Team oder Ruiz.