Vor 75 Jahren bezwangen die Hamburger im deutschen Pokal den FC Schalke 04 mit 4:3

Hamburg. Es war ein strahlend-schöner Sommertag, warm, nicht übermäßig heiß, jener Sonntagnachmittag des 28. August 1938, den die Vereinschronik als „unvergesslich“ bezeichnet. „Nach dem 3:1-Sieg über Eintracht Braunschweig stellten sich die ruhmreichen ,Knappen‘ aus Schalke in der 1.Schlussrunde dem Braunschweiger Löwenbezwinger auf der Hoheluft entgegen“, hieß es 1955 in einer Festschrift des SC Victoria. E. W. Schröder, damals 19, später Spielausschuss-Vorsitzender des Hamburger Fußball-Verbandes, erinnerte sich: „Es war ein herrliches Kampfspiel vor mehr als 10.000 Zuschauern. Schalke, im Vorjahr deutscher Meister und Pokalsieger, war mit allen Assen gekommen, mit Kuzorra, Szepan, Tibulski und Torhüter Klodt. Vor der Pause traf Mittelstürmer Bruno Heine zweimal: 2:0. Nach dem Wechsel machte Schalke ernst, schoss drei Treffer zum 3:2. Dann unterlief ihnen ein Eigentor zum 3:3. Und zwei Minuten vor Schluss war wieder Heine zur Stelle. 4:3! Der Sieg! Die Ovationen wollten nach dem Abpfiff nicht enden. Die Besucher stürmten den Platz und trugen unseren Trainer Ernie Michelsen auf ihren Schultern in die Kabine.“ In der 2. Runde war der Jubel schnell verflogen: Victoria verlor bei Westfalia Herne 1:5.

Der SC Victoria, am 5. Mai 1895 in dem kleinen Lokal „Gemperle“ in der Nähe des Heiligengeistfeldes von sieben jungen Leuten gegründet, erspielte sich seinen Ruf als einer der traditionsreichsten Hamburger Vereine in den Jahren 1906 bis 1943. Drei norddeutsche Meisterschaften (1906, 1907 und 1918 in Spielgemeinschaft mit dem HFC 88) und zahlreiche Hamburger Titel, der letzte 1943, fielen in diese Zeit. Zehn Nationalspieler stellte Victoria zwischen 1908 (Hans Weymar) und 1934 (Hans Schwartz), der populärste war Ernst Eikhof, der 1923 drei Mal für Deutschland auflief. Eikhof war nicht nur auf dem Spielfeld als technisch versierter Mittelläufer ein Regisseur mit Überblick, er war auch außerhalb des Platzes eine imponierende Erscheinung, ein Kavalier alter Schule. Nur wenn der Name des Rivalen HSV fiel, konnte Eikhof schon mal ausfallend werden. Die „Pfeffersäcke vom Rothenbaum“ erregten gern seinen Unmut.

118 Jahre Victoria, das sind nicht nur große Fußballspiele auf der Hoheluft, jener traditionsreichen Sportstätte, die der Club 1907 aus einer „uralten Wiese mit beträchtlichem Höhenunterschied“ (Chronik) zu einer der schönsten Anlagen Norddeutschlands ausbaute. Große Leichtathleten wie Paula Mollenhauer (Olympiabronze 1936 im Diskuswerfen) und Erich Kruzycki, der 1951 als erster Deutscher im Silvesterlauf von São Paulo siegte, trugen das blau-gelbe Trikot mit dem „V“ – wie in den 1950er-Jahren Handball-Nationalspieler Adolf Giele. Und 1909 riefen die Victorianer Arthur Mannheimer und W. A. Cordua die Alsterstaffel ins Leben, die der Verein zwischen 1927 und 1932 sechsmal in Folge gewann.