Sturmfluten – Sie haben die Landkarte jahrtausendelang verändert

Ein Blick auf die Landkarten von einst zeigt, wie mächtig Sturm und Wellen sind, wie viel Land sich das Meer in den vergangenen Jahrhunderten, oft in nur wenigen Stunden, einverleibt hat. Die Nordfriesischen Inseln und Halligen wurden durch Sturmfluten geschaffen, sie sind Festlandreste - Überbleibsel vergangener Katastrophen. Ehedem lag ganz Skandinavien unter einer zwei km dicken Eisschicht begraben. Als das Eis um 15.000 vor der Zeitenwende zu schmelzen begann, blieben die im Eispanzer befindlichen riesigen Geröllmassen übrig. Diese Moränen bildeten die Grundlage der heutigen Geest, sie ragen wie auf Sylt, Föhr und Amrum aus der Meereslandschaft heraus. In dem Gebiet zwischen den Inseln und dem Festland bildete sich im Laufe der Zeit Marschland: Immer, wenn das Meer diese Gebiete überspülte, lagerten sich fruchtbare Sedimente ab, sodass Sümpfe, Moore und saftige Weiden entstanden. Doch dieser zusammenhängende Landblock der Uthlande (Außenlande) wurde durch Orkanfluten immer wieder zerrissen.

Besonders schreckliche Auswirkungen hatten die Sturmfluten der Jahre 1362 und 1634. "Um Mitternacht, da ging die allergrößte Mandränke, da ertrank das meiste Volk aus den Uthlanden.." heißt es in der "Chronicon Eiderstadensee" über die Marcellusflut im Januar 1362. Die sagenhafte Stadt Rungholt auf Eiderstedt versank in den Fluten, Husum wurde über Nacht zur Hafenstadt. Sylt, Amrum, Föhr erhielten annähernd ihre heutige Gestalt. Die Sturmflut des Jahres 1634 zerriss die Insel Strand. Aus den kleinen Restgebilden blieben nur Pellworm und Nordstrand sowie die winzigen Halligen Nordstrandischmoor und Hamburger Hallig übrig. 6200 Menschen und über 50.000 Tiere fanden damals den Tod. In groben Umrissen war das heutige Nordfriesland geschaffen.

Lever duad üs slaav" - (Lieber tot als ein Sklave) lautete der Wahlspruch der Friesen. Doch, so frei waren die Friesen nicht. Bis Mitte des 19. Jh. lebten sie unter dänischer Herrschaft. Das ertrugen die Friesen, weil sie relativ frei waren: Sie zählten nicht zu den Leibeigenen, hatten dafür aber Deichpflicht zu erfüllen.

Der Küstenschutz war allemal das Wichtigste, seit Siedlungsbeginn im 7. Jh. kämpfen die Friesen gegen die Sturmfluten. Nur dank des intensiven Küstenschutzes hatte der "Blanke Hans" in den letzten Jahrzehnten kaum eine Chance, sich noch mehr Land einzuverleiben. Blanker Hans heißt die Nordsee bei den Inselbewohnern seit dem Mittelalter. Woher der Name stammt, ist nicht genau bekannt. Es wird gemutmaßt, dass er von Lichtreflexen auf der sturmbewegten See herrührt.