“Küstenschutz - Bereits 100 Millionen Euro sind hier versandet“ und “Sylt und die Künstler“ - Das Geheimnis des Erfolgs“

Sylts Küstenschutz Bereits 100 Millionen Euro sind hier versandet

Sylts charakteristische Form ist einem nicht zuletzt dadurch bekannt, daß sich zahlreiche Syltanhänger "der Generation Golf" in den 80er Jahren bemüßigt fühlten, ihre Inselverbundenheit mittels Aufklebern auf ihren Autos zu dokumentieren. Die langgezogene Insel liegt mit Längsseite parallel zum Festland und dient so als Wellenbrecher für die Schleswig-Holsteinische Küste. Das Meer frißt unaufhaltsam an der mit 8.000 Jahren noch vergleichsweise jungen Insel. An der schmalsten Stelle bei Rantum ist sie dann auch nur wenige hundert Meter breit.

Das Meer verleibt sich ein Meter des Inselumfangs jährlich ein und spuckt es vor Amrum wieder aus. Nach jeder Sturmflut fehlen bis zu 12 Meter Strand. 1976 wurde Sylt an seiner schmalsten Stelle komplett überspült. 1986 kippte die Lister Strandhalle ins Meer. Das Haus Kliffende war einst 50 Meter entfernt, 1999 stand es nach der Sturmflut schon fast in der Nordsee. Experten sagen voraus, daß es Sylt in 1.000 Jahren nicht mehr geben wird. Doch die Insel wird nicht kampflos aufgegeben. Mit aller Kraft versuchen die Sylter, den Kräften des Meeres zu trotzten.

In den 60er Jahren wurde mit hölzernen Buhnen und wenig ansehnlichen Plastiktetrapoden experimentiert, die die Küste vor den Meeresfluten schützen sollte, aber insgesamt wenig genützt haben. Dann machte eine niederländische Idee Furore, die noch heute praktiziert wird: Sandvorspülungen. Dazu wird weit draußen Sand in riesigen Mengen vom Meeresboden abgesaugt und abschnittsweise wieder aufgetragen. Bei jeder Sturmflut holt sich der Ozean zwar ebenso viel Sand wieder zurück, aber immerhin wird damit das "Abmagern" der Insel verlangsamt. Das Kräftemessen mit dem Meer verschlingt Unsummen: Jedes Jahr sind es fast fünf Millionen und alle zehn Jahre muß die Sand-Saugmethode wiederholt werden. Bis heute wurden 100 Millionen Euro ausgegeben.

Sylt und die Künstler

Sylt war schon zu Anfang des 20. Jahrhunderts ein Magnet für Reisende. Es zog viele Künstler und bekannte Persönlichkeiten auf die langgezogene Insel. Sie verbrachten ihren Urlaub oder auch ihren Lebensabend auf der Nordseeinsel. Maßgeblich zu der Beliebtheit Kampens hat der Publizist und Schriftsteller Ferdinand Avenarius beigetragen. Der Gründer der Zeitschrift "Kunstwart" ließ sich 1903 ein Haus in Kampen bauen. Zahlreiche Maler kamen in seine Jugendstilvilla Uhlenkamp. Hier hielt der Neffe von Richard Wagner Hof, bekam Besuch von Künstlern und Literaten wie Stefan Zweig, Lovis Corinth, Hermann Hesse, Käthe Kollwitz um nur einige zu nennen.

Thomas Mann wohnte dagegen in den 20er Jahren in dem Haus Kliffende, das mittlerweile vom Meer bedroht wird. Ins Gästebuch trug er ein: "Nicht Glück oder Unglück der Tiefgang des Lebens ist es, worauf es ankommt. An diesem erschütternden Meere habe ich tief gelebt…" Das Haus Kliffende in Kampen hatte der Verleger Heinrich Thiedemann gekauft und seine Frau Clara, eine legendäre Schauspielerin, baute es zu einer feinen, elitären Pension mit nur wenigen ausgesuchten Gästen aus. Der Maler Emil Nolde nahm hier Quartier, als sein Haus auf dem Festland bei Seebühl renoviert wurde. Max Liebermann, Außenminister Gustav Stresemann und Verleger Ernst Rowohlt kamen zu Besuch.

Auch seinen Verlegerkollege Peter Suhrkamp zog es auf die Insel, Suhrkamp sollte jahrzehntelang immer wiederkehren und verbrachte seine letzten Jahre vollständig auf Sylt. In seinem Haus in Kampen trafen sich zahlreiche Literaten und Intellektuelle, die sich mitunter auch - wie Ernst Penzoldt - länger hier aufhielten, um zu schreiben.

Die in den 20er sehr bekannte Tänzerin Valeska Geert, eine maßgebliche Wegbereiterin des Ausdruckstanzes und Schöpferin der Tanzpantomime, bezog 1932 ihr Sommerhaus in Kampen am Wuldeweg. Der Weltstar der "Golden Twenties" war ein Jahr später als Jüdin gezwungen, nach New York zu emigrieren. Nach Kriegsende kehrte sie nach Sylt zurück und etablierte in Kampen das Variete Ziegenstall, womit sie großen Erfolg hatte. Die Wände dieses außergewöhnlichen Lokals waren mit Autogrammen übersät, dazwischen fand man Sprüche wie "Die Gäste sind wie Ziegen, sie werden gemolken und meckern". 1973 veröffentlichte sie ihre Biographie "Die Katze von Kampen". Drei Jahre nach ihrem Tod wurde der "Ziegenstall" abgerissen.