Hamburg. Nach Tagen haben es die zurückgelassen Passagiere der „Norwegian Dawn“ aufs Schiff geschafft. Ein Statement der Reederei überrascht.

  • Mehrere Tage reiste eine Gruppe von Passagieren ihrem Kreuzfahrtschiff hinterher
  • Die acht Urlauber hatten aufgrund einer privaten Tour auf der Insel São Tomé die Abreise ihres Kreuzfahrtschiffs verpasst
  • Nun sind sie wieder an Bord: Sechs Tage und sieben Länder später

Nach einer geführten Tour auf der westafrikanischen Insel São Tomé haben es acht Passagiere des Kreuzfahrtschiffs „Norwegian Dawn“ nicht rechtzeitig wieder an Bord geschafft – das Schiff legte ohne sie ab. Sechs Tage und eine Reise durch sieben Länder hat es gebraucht, bis sie es am 2. April zurückgeschafft haben und ihre Kreuzfahrt fortsetzen konnten. Die Reederei Norwegian Cruise Lines hat nun ein neues Statement abgegeben, das überrascht: Nur ein kleiner Teil der Kosten für die Odysee soll übernommen werden.

Kreuzfahrtschiff lässt Passagiere auf Insel zurück

Nachdem sie an einer privaten Tour auf der Insel São Tomé teilgenommen haben, waren acht Gäste der „Norwegian Dawn“ nicht rechtzeitig zurück am Hafen, sodass das Schiff ohne sie abgefahren ist, wie „ABC 15 News“ berichtet hat. Besonders dramatisch: Unter den Gestrandeten seien auch ältere Menschen, eine Schwangere und eine querschnittsgelähmte Person gewesen.

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Betroffene kritisieren den Kapitän scharf

Das betroffene Ehepaar Jill und Jay Campbell, das während ihrer beschwerlichen Reise zurück zum Schiff mit „ABC 15 News“ gesprochen hat, übte scharfe Kritik an den Kapitän des Kreuzfahrtschiffs: Als klar geworden sei, dass die Tour länger dauern würde als geplant, habe der Reiseveranstalter den Kapitän des Kreuzfahrtschiffs über die verspätete Ankunft der Gruppe informiert. Die Gruppe sei kurz nach der geplanten Abfahrtszeit um 15 Uhr am Hafen angekommen. Das Schiff hätte sich zu diesem Zeitpunkt noch vor Anker befunden – dennoch habe der Kapitän sich geweigert, die Gäste an Bord zu lassen.

In einer Mitteilung widerspricht die Reederei den Angaben des Ehepaares. Die Gruppe habe sich nicht kurz verspätet, sondern sei auch eine Stunde nach der geplanten Abfahrtzeit nicht am Hafen gewesen. „Als die Gäste die ‚All Aboard‘-Zeit (...) um mehr als eine Stunde verpassten, hat die Crew (...) die Pässe dieser Gäste an den lokalen Hafenagenten abgegeben“, schreibt die Reederei. Und weiter: Die betroffenen Passagiere hätten die Reisedokumente dann abgeholt, als sie von ihrer privaten Tour zurückgekommen seien.

Laut den Aussagen des Ehepaares hätten Mitarbeiter der Küstenwache noch versucht, die Passagiere in einem Boot zum Schiff, das mit seinen 294 Metern zu groß für den Hafen war, zu fahren. Zudem habe der Kapitän einen Anruf des Hafenmeisters nicht entgegengenommen, so das Ehepaar gegenüber „ABC 15 News“.

Die Reederei wies in einem ersten Statement auf die Eigenverantwortlichkeit der Passagiere hin, die Ablegezeiten einzuhalten: „Obwohl dies eine sehr bedauerliche Situation ist, sind die Gäste dafür verantwortlich, dass sie zur veröffentlichten Zeit zum Schiff zurückkehren, die über die Sprechanlage des Schiffes, in der täglichen Kommunikation und durch Aushänge kurz vor Verlassen des Schiffes bekannt gegeben wird.“

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Weiter hieß es in der Erklärung, dass die Reederei mit den Passagieren und den Behörden in Kontakt stehen würden. Doch dem widersprachen Jill und Jay Campbell gegenüber „ABC 15 News“: Die Kommunikation sei nur über Emails möglich gewesen – aber diese seien unbeantwortet geblieben. Zudem mussten die Gestrandeten die Reise zum nächsten Anlaufhafen selber organisieren.

Zwar habe das Team des Kreuzfahrtschiffs die Pässe der Gäste den örtlichen Behörden übergeben, wo sie abgeholt werden konnten. Aber laut Aussagen des Ehepaars hätten aus der Gruppe nur sie selbst eine Kreditkarte dabei gehabt und mussten alle Kosten tragen. Und auch wichtige Medikamente hätten sich noch an Bord befunden. So habe etwa eine herzkranke Frau tagelang ihre Medikamente nicht einnehmen können.

Reederei will nur einen Teil der Kosten erstatten

Die Gruppe hätte durch sieben Länder reisen müssen. Mit Unterstützung der US-Botschaft in Angola sei sie am Sonntag nach Gambia geflogen – dort sollte das Schiff planmäßig anlegen. Doch wegen Niedrigwasser war dies nicht möglich. Den nächsten geplanten Stopp des Kreuzfahrtschiffs in Senegal haben sie nun erwischt.

Vor der Abfahrt hat das Ehepaar Campbell der US-amerikanischen Fernsehsendung „Today Show“ ein Interview gegeben, in dem sie ihrer Kritik an die Kreuzfahrt-Crew Nachdruck verliehen haben: „Nachdem, was wir gesehen haben, glauben wir wirklich, dass es zwar Regeln oder Richtlinien geben kann, denen das Schiff möglicherweise gefolgt ist – aber sie haben sich zu starr an diese Regeln gehalten.“ Und: „Wir glauben, dass es eine grundlegende Fürsorgepflicht gab, die sie vergessen haben. Also beunruhigt uns das.“

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In einem neuen Statement der Reederei ist von einem Schuldeingeständnis nichts zu lesen. Man wolle den acht Passagieren die Kosten erstatten, aber nur einen kleinen Teil: „Trotz der Verkettung unglücklicher Ereignisse, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, werden wir diesen acht Gästen die Kosten für ihre Reise von Gambia in den Senegal erstatten“, so das Unternehmen auf Anfrage des Senders RTL. Für den Rest der Reisekosten müssen die acht Gestrandeten demnach wohl selber aufkommen.