Istanbul/Naxos. Blind Date auf dem Meer: Diese Schnaps-Idee konnte ja nur ein Kapitän haben. Die Passagiere bestimmen, die Besatzung stößt an ihre Grenzen.

Wer kann auf die Idee kommen, eine Kreuzfahrt zu machen, bei der der Kapitän nicht weiß, wo es lang geht? Na klar: ein Kapitän. Nur ein Kapitän. Ein paar Jahre ist es her, dass ein Kapitän der Hapag-Lloyd das Konzept "Überraschungskreuzfahrt" vorgeschlagen hat. Weil er es spannend fand, flexibel zu reagieren und dahin zu fahren, wo das Wetter jetzt gerade am schönsten ist und nicht drei Tage, nachdem man dort war.

Aber wie plant man eine Reise mit einem Ozeanriesen und Hunderten Passagieren, von der man nicht weiß, wohin sie führt? Wer will das eigentlich? Geht das überhaupt? Oh ja. Laut Gabi Haupt, Leiterin Produktmanagement bei Hapag, gibt es bei einer solchen Reise sogar viel mehr zu tun.

Die ersten Planungen für diese aufregende Schipper-Tour durch die Ägäis, das östliche Mittelmeer und die Adria mit der "MS Europa" haben vor drei Jahren begonnen. "Dass wir so früh in die Vorbereitungen gehen, liegt vor allen Dingen daran, dass das Rahmenkonzept für die Kataloge vorbereitet werden muss.“ Im Reisekatalog muss schließlich mehr stehen als: "irgendwas im Mittelmeer".

So standen die Daten sowie Ziel- und Endhafen sehr schnell fest. Ebenso wurden mögliche Zwischenstopps geprüft. Was ist zeitlich machbar? Welche Ziele sind interessant? Welche Häfen sind so flexiblel, dass sie in die mögliche Route aufgenommen werden können? Auch die sogenannten Kollisionslisten spielen eine große Rolle, das heißt, wie viele Schiffe an welchem Tag um welche Uhrzeit in welchem Hafen liegen. „Wir versuchen natürlich so zu planen, dass wir nicht mit sechs großen Kreuzfahrtschiffen zeitgleich an einem Hafen sind“, so Haupt.

Aber eines ist auch klar: Ein Großteil der Arbeit wird bei dieser Reise direkt von Bord aus erledigt. Unmittelbar nachdem sich die Gäste in ihrem "Europa-Parlament" auf die nächste Route verständigt haben, stürmen Staff-Kapitän, Chief-Purserin und Touristikleitung aus dem „Parlamentssaal“. Jetzt müssen aus den Interessensbekundungen für die jeweiligen Häfen sehr schnell verbindliche Anmeldungen werden.

Busse, von denen man vorher nur wusste, dass es sie gibt, müssen nun auch wirklich bereitstehen. Vielen Fragen müssen jetzt geklärt werden. An welchem Hafen können Ausbesserungen am Schiff vorgenommen werden? Und: Es ist ein deutsches Schiff, Stichwort Mülltrennung. Also wo können organische Abfälle entsorgt werden? Wo kann was eingekauft werden?

Die griechischen Inseln sind laut Haupt besonders geeignet für das Konzept Überraschungskreuzfahrt – besonders, um diese Jahreszeit. „Im Juli oder August wäre man hier deutlich unflexibler", so die 56-Jährige. Ebenso spielt die geringe Distanz zwischen den verschiedenen Inseln eine große Rolle. Und die Tatsache, dass man an vielen Häfen die Möglichkeit hat, auf Reede zu liegen – eine Variante, die mit deutlich kleinerem bürokratischen Aufwand umzusetzen ist, als an die Pier zu fahren – so wie heute auf Skiathos.

Hier finden Sie die aktuelle Position der "MS Europa" und eine Livecam

Hier finden Sie Bilder, Positionsangaben und Daten zum Schiff