Ein Neuer Job im Ausland. Kindern sollte man das fremde Land schnell schmackhaft machen, sonst kann das Abenteuer schief gehen.

Als Urlaub ist eine Familienreise ins Ausland ganz unkompliziert. Der Ausnahmezustand dauert vielleicht zwei Wochen, danach geht der Alltag in der Heimat weiter. Doch fährt die Familie nicht zur Erholung ins Ausland, sondern wegen des Jobs, wird das schnell ein Abenteuer mit großen Herausforderungen für Eltern und Kinder.


Svetlana Lundgren hat solch ein Abenteuer schon einmal erlebt und weiß ganz genau, dass ihr noch weitere bevorstehen. Lundgrens Ehemann ist Diplomat und wird vom Auswärtigen Amt regelmäßig an deutsche Vertretungen in aller Welt geschickt, Familie inklusive: Fjodor, 8, ist 2006 mit den Eltern nach Peking gereist, Marta, 5, wurde in China geboren. Lundgren, seit 2010 wieder in Berlin, weiß, dass Familien bei einem beruflichen Auslandsaufenthalt Unterstützung brauchen: „Sprachkurse, auch für Partner und Kinder sind wichtig, um die erste Barriere zu überwinden”, sagt die 39-Jährige.
Lundgren ist Vorsitzende der Familien- und Partnerorganisation, die sich beim Auswärtigen Amt um alles rund um den Auslandseinsatz kümmert, das nicht den Beruf betrifft. Dort gibt es zum Beispiel den Kurs „Smooth moves” (englisch: einfacher Umzug). „Dabei wird Kindern ab sechs Jahren spielerisch Mobilitätskompetenz vermittelt, und sie tasten sich an den Umgang mit einem neuen Land heran”.

Dass Kinder bei einem beruflich bedingten Wechsel der Eltern in ein fremdes Land gut vorbereitet werden müssen, weiß auch Gesa Krämer. „Bevor Eltern ihre Kinder in die Planung eines Auslandsaufenthalts mit einbeziehen, müssen sie zunächst für sich selbst ihre Motive klären”. Krämer ist Co-Autorin des Buches „Arbeiten im Ausland – und die Familie geht mit”. Wer selbst unsicher ist, wird seine Kinder nicht überzeugen können – und die müssen mitspielen, sonst kann das Abenteuer scheitern.
„Wir haben schon mitbekommen, dass Familien ihren Auslandsaufenthalt abbrechen mussten, weil die Kinder überfordert waren”, sagt Gerhard Burchhart. Der Projektmanager ist zur Zeit für die Siemens AG in Shanghai und hat Erfahrung als Expat – so die gängige Bezeichnung für Menschen, die befristet außerhalb ihrer Heimat leben.

Zuletzt ist seine Familie 2009 von Florida nach Shanghai gezogen. Während er und seine Frau Gabi davon schnell begeistert waren, brauchte es vor allem für die damals 14-jährige Tochter Linda noch einiges an Überzeugungsarbeit. Das Mädchen wusste sich jedoch zu helfen: Über Facebook fand sie ein norwegisches Mädchen an ihrer zukünftigen Schule in Shanghai und freundete sich mit ihr an. Das half ihr nicht nur bei der Eingewöhnung, die Freundschaft besteht bis heute.
„Wir haben unseren Kindern gesagt: Wir machen das nur, wenn es für euch in Ordnung ist”, erzählt Gabi Burchhart. Solch ein Gespräch sei genau das richtige, findet auch Gesa Krämer. Sie weist auf die große Bedeutung der Familie als Basis und Rückzugsort vor allem in den ersten Wochen im Ausland hin.

Doch schon lange vor der großen Reise gilt es, das fremde Land gerade kleineren Kindern so erfahrbar wie möglich zu machen, sagt Autorin Krämer: „Man sollte alle Sinne ansprechen: Bilder und Filme anschauen, kleine Gegenstände besorgen oder landestypische Gerichte essen”. Schulkinder können sich über einen Besuch der Internetseiten der Auslandsschule mit ihrem neuen Umfeld vertraut machen.
International aufgestellte Unternehmen wie die Siemens AG bieten ihren Mitarbeitern sogenannte Orientierungsreisen an ihren zukünftigen Einsatzort an. „Mögliche Wohnungen, Schulen und die gesamte Situation vor Ort können der Mitarbeiter und sein Partner dann schon kennenlernen”, erklärt Ekkehard Wirth. Er arbeitet im International Delegation Center (IDC) der Siemens AG in Erlangen, eine Spezialabteilung, die sich um die Auslandseinsätze von etwa 1700 Mitarbeitern kümmert. Wirth empfiehlt die Orientierungsreise sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern: «Der Mitarbeiter kann viel schneller und besser in seinen Job starten, wenn sich auch seine Familie schon etwas auskennt”.

Doch auch ohne ein globales Unternehmen im Rücken finden Expat-Familien im Ausland viele hilfreiche Kontakte. Neben sozialen Netzwerken, über die alle Familienmitglieder gut die Verbindung zu alten Freunden aufrechterhalten können, nennt Gesa Krämer die englischsprachige Internetseite www.figt.org, Svetlana Lundgrens Tipp ist www.internations.org. „Die besten Kontakte entstehen aber über die internationalen Schulen”, sagt Lundgren, „auch bei den Handelskammern oder deutschen Kirchengemeinden findet man gut Anschluss”.Im Ausland Kontakt zu Familien in der gleichen Situation zu finden, sei gar nicht so schwer: Die Exoten erkennen sich leicht gegenseitig, glaubt Autorin Krämer. Viel schwieriger sei später die Heimkehr: „Die Freunde, andere Kinder und man selbst - alles hat sich verändert”.Um nicht einen Rückkehrer-Kulturschock zu riskieren, sollte die Heimreise deshalb mindestens genauso bewusst vorbereitet werden wie der Start in das Leben im Ausland.