Verloren im dänsischen Straßensystem. Einfach Wegbeschreibungen hätten ausgereicht.

Der israelische Schriftsteller Ephraim Kishon (1924-2005) hat einmal humorvoll beschrieben, wie schwierig es war, in Jerusalem eine Adresse zu finden - im Jahre 1948, als es nach der Gründung des Staates Israel für kurze Zeit keine Straßenschilder in der Heiligen Stadt gab. Damals mussten sich die Menschen bei der Suche an optischen Dingen orientieren - an einem verrosteten Motorrad am Straßenrand zum Beispiel, einem umgestürzten Olivenbaum oder sogar an einem Katzenkadaver vor einer alten Steinmauer. Nein, das gibt es in dem immer frisch und sauber aufgeräumten Dänemark natürlich nicht. Da sind Straßennamen und Hausnummern selbstverständlich. Und doch kann es einem ahnungslosen Urlauber dort ebenso ergehen wie dem israelischen Schriftsteller, der auf der Suche nach der Wunschtraumstraße in der Dilemmagasse landet.

Unser Dilemma begann damit, dass sich alle Straßenschilder und Hausnummern an der Schnellstraße, die von der Ostseeinsel Fünen nach Langeland führt und in der wir den Schlüssel für unser Ferienhaus abholen sollen, hinter Bäumen und hohen Gartenhecken verstecken oder so klein sind, dass man sie beim Vorbeifahren beim besten Willen nicht erkennen kann. Und dass wir - Dilemma Nummer zwei - für die Schlüsselausgabe nur eine dürftige Skizze hatten. "Bullshit!", sagte auch der hilfsbereite Däne nach einem Blick auf die Zeichnung. Schwankend und mit einer Bierfahne stand er vor der kleinen Pølserbude auf dem Campingplatz. Die Adresse kannte er nicht, doch er vermutete, dass wir mindestens schon zehn Kilometer zu weit gefahren waren. Also zurück! Irgendwo hinter den nächsten drei, vier Kornfeldern und einem weiteren Campingplatz, hinter einem Parkplatz neben einer Straßengabelung und vor einem kleinen Tannenwäldchen mit einer Bushaltestelle davor würden wir an einem Fahnenmast die grünen Wimpel des dänischen Campingclubs und vielleicht sogar den rot-weißen Danebrog wehen sehen, irgendwo dort, meinte er, könnte sich vielleicht die Schüsselausgabe befinden. Leider aber schienen an diesem Tag die grünen und rot-weißen Fahnen entweder gar nicht gehisst oder bereits wieder eingezogen zu sein, denn es war inzwischen spät geworden - so spät, dass sich kein Mensch mehr auf der Straße befand, den wir hätten fragen können ...

Anmerkung an den Hausvermittler: Wir haben die Schüsselaufgabe schließlich doch noch gefunden. Die Wegbeschreibung hätte ganz einfach lauten können: Eine große Tankstelle auf der linken Straßenseite, 200 Meter dahinter die großen, leuchtend grünen Reklameschilder einer Boutique mit dem Namen "Elisa", in der die Schlüssel für uns bereitlagen. Da muss man nicht erst Kishon gelesen haben.