Männer unerwünscht: Zwei polnische Unternehmerinnen bieten Krakau-Reisen aus der femininen Perspektive an. Das Motto: keine Männer - keine Limits.

Sie lächelt geheimnisvoll, ihr Blick ruht auf etwas Unbekanntem außerhalb des Bildes: "Die Dame mit dem Hermelin" von Leonardo da Vinci wirkt mindestens genauso rätselhaft wie seine Mona Lisa. Nach einer rund einjährigen Reise durch Museen in Mailand, Berlin und London ist Krakaus prominenteste Frau nun wieder an ihren angestammten Platz zurückgekehrt, das Czartoryski-Museum in der Altstadt.

Die Krakauer sind stolz auf das Gemälde, es ist das wertvollste in Polen. Das Bildnis der Mailänderin Cecilia Gallerani, einer Geliebten von Ludovico Sforza, ist eines von nur vier bekannten Frauenporträts da Vincis. Es ist Teil der Sammlung der exzentrischen Fürstin Izabela Czartoryska, einer Schriftstellerin und Kunstsammlerin, die 1786 in Pulawy das älteste Museum Polens gründete. Über die Bedeutung des Hermelins gibt es diverse Thesen.

"Eine davon ist, dass das Tier die erotische Beziehung mit dem Fürsten symbolisiert", erklärt Agata Dutkowska. Die Künstlerin und Soziologin ist eine der Reiseführerinnen des fünftägigen Reiseprogramms "No men - no limits. Durch Krakau auf Stöckelschuhen". Die Kultur- und Spaßreise exklusiv für Frauen ist eine Erfindung der Unternehmerinnen Aneta Kawa und Kasia Hoffmann. Die Gründerinnen der Sprachschule Varia bieten auch Kulturreisen an.

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Ein Rendezvous mit dem "duftenden, lyrischen und künstlerischen Krakau" bildet den Auftakt der Reise, die im Januar mit dem Touristikpreis einer deutschen Zeitung ausgezeichnet wurde. Agata führt die fröhlich plappernde Gruppe durch die malerische Altstadt. "Falls die Schuhe drücken, können Sie jederzeit eine von diesen hier nehmen", scherzt sie und zeigt auf die Pferdekutschen, die vor den berühmten Tuchhallen auf dem Marktplatz stehen. Sie führt uns zu den Sehenswürdigkeiten, die Krakau zu einer der schönsten Städte der Welt machen, gewährt uns aber auch Einblicke, die normalen Touristen verschlossen bleiben.

Zum Beispiel ein Besuch im Atelier der Künstlerin Iwona Siwek-Front. Die 45-Jährige beobachtet das Krakauer Leben und zeichnet es fast dokumentarisch auf. Die Bilder sind farbenfroh und sinnlich - ganz im Gegensatz zu den düsteren ihres Vaters, ebenfalls ein Künstler. "Meine Bilder sind eben nach der Sowjetzeit entstanden", erklärt die Mutter einer Tochter. Dass viele Touristen nach Krakau strömen, schade der Atmosphäre nicht: "Es ist ja nicht so wie in Prag, das nun ganz künstlich wirkt. Krakau ist authentisch geblieben."

Wie lebendig Traditionen in Krakau sind, zeigt sich im Gespräch mit den beiden Inhaberinnen von Varia. Sie sind moderne, studierte Businessfrauen Anfang 30 - und sagen Dinge wie: "Ich bin zu Hause fürs Kochen zuständig." Beide gehen jeden Sonntag in die Kirche, wenn es irgend möglich ist. "Es nicht zu tun wäre eine Sünde, die ich beichten müsste - aber das ist natürlich nicht der Grund, warum ich hingehe", sagt Kasia Hoffmann, Mutter von Zwillingen.

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Die Marienkirche, neben Florianstor und Burg Wawel eines der Wahrzeichen Krakaus, hat zwei Eingänge. Einer ist für Touristen, die den Marienaltar des Nürnberger Meisters Veit Stoß besichtigen wollen. Der andere ist für die Krakauer. Eine alte Frau kniet am offenen Beichtstuhl und flüstert einem Priester ihre Sünden zu. Hinter ihr warten etwa ein Dutzend andere, bis sie an der Reihe sind. Es sind fast nur junge Mädchen. Nach der Beichte werden sie ihre Freundinnen "unterm Adam" treffen, dem Adam-Mickiewicz-Denkmal auf dem mittelalterlichen Hauptmarkt, und shoppen gehen oder sich in einem der 400 Cafés, Restaurants und Bars vergnügen. In einer Stadt mit 160 000 Studenten ist viel los - sicher findet sich Stoff für die nächste Beichte.

Es ist die Mischung aus tief verwurzelter Tradition und lebensfroher Aufbruchstimmung, die Krakau besonders macht. Bei den Frauen ist dies am deutlichsten. Sie laufen geschminkt und zurechtgemacht mit Pumps übers Kopfsteinpflaster: zur Messe oder zur Uni, zum heimischen Herd, in den Jazzkeller oder zu ihrer eigenen Firma - manchmal alles am selben Tag. "Viele Frauen gründen eigene Unternehmen, weil die Arbeitsbedingungen für Mütter so ungünstig sind", sagt die Soziologin Agata Dutkowska. Derzeit seien etwa eine Million Polinnen selbstständig. Viele davon sind Mütter. Die Frauen in Polen haben durchschnittlich 1,3 Kinder.

Die 33-jährige Agata hat gleich zwei Unternehmen. Als Coach begleitet sie Frauen in die Selbstständigkeit, als Stadtführerin ist sie auf das weibliche Krakau spezialisiert. "Hier trifft man angeblich die schönsten Männer Krakaus", sagt sie und zeigt auf das Café Dym, Treffpunkt für Literaten. "Leider sind sie nie da, wenn ich hingehe!" Weiter geht es mit Kunst- und Restaurant-Tipps sowie - natürlich - Adressen für Schuhgeschäfte für die obligatorischen High Heels, ohne die manche Polinnen das Haus nicht verlassen.

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Zum Shoppen ist Krakau perfekt: Es gibt viele kleine Läden und Boutiquen, die Preise sind im Vergleich zu denen in Deutschland noch immer sehr günstig. Tag zwei und drei des Frauen-Programms sind den Themen Kulinarik, Mode und Beauty gewidmet. Dann lernen deutsche Frauen, Piroggen zuzubereiten, lassen sich beim Star-Friseur Tomek stylen oder genießen eine Streichelmassage im Endorfina-Spa-Salon. Sehr unterhaltsam ist der Mini-Sprachkurs. Die Lehrerin Agnieszka Styputka vermittelt einen Grundwortschatz, "damit ihr mit den polnischen Barkeepern flirten könnt". Fast schade, dass die alle Englisch sprechen, viele sogar auch Deutsch.

Wie die Krakauer im Mittelalter gelebt haben, vermittelt das fantastische neue Museum unter dem Marktplatz. Auf 4000 Quadratmetern erlebt man die multimedial aufbereitete Geschichte der Stadt. Touchscreens neben altem Schmuck beschreiben, wie sich die Frauen damals verschönerten. Ihr Haar bleichten sie mit Abwasser, die Haut mit den Exkrementen gezüchteter Igel. Zum After-Work-Drink treffen sich Krakauerinnen in Kazimierz. Das alte jüdische Viertel, das von den Nazis entvölkert wurde, ist wieder aufgeblüht, seit es als Drehort für "Schindlers Liste" diente. An der Szeroka-Straße liegt das Restaurant Helena Rubinstein. Die Kosmetik-Königin wurde wahrscheinlich zwei Häuser weiter geboren, "aber genau weiß es keiner", sagt die Stadtführerin. Heute haben sich junge Designerinnen im Viertel angesiedelt.

"Matka Polska, das polnische Mütterchen, und die moderne Businessfrau - ist das im heutigen Krakau vielleicht ein und dieselbe Person?", frage ich "Das kann schon sein", sagt die Soziologin Agata und lacht. Faszinierend ist diese Mischung auf jeden Fall.