Auf Gut Dalwitz finden Gäste eine Auszeit und entdecken Landleben in seiner elegantesten Art. Auch Prinz Charles war schon zu Besuch.

Dalwitz. Einige der Gäste genießen ein spätes Frühstück im Hofrestaurant Remise, andere erkunden auf ihrer Joggingstrecke die weite Landschaft, und Teenager nehmen ihre ersten Reitstunden. Währenddessen wirft der Gutsherr weit von den Gästen entfernt auf der Wiese den Rasenmähertraktor an, setzt seinen Sohn mit drauf und fährt los. "Ich mähe gerne, da kann ich aufatmen, Luft holen und vor allem nicht telefonieren", sagt der umtriebige Hausherr, Heinrich Graf von Bassewitz.

Den promovierten Landwirt zog es nach Stationen an der Elfenbeinküste und in Uruguay, wo er seine Frau Lucy kennenlernte, nach Mecklenburg, in die Heimat seiner Vorfahren. Seit 1349 ist das alte Adelsgeschlecht dort ansässig. Das Gutshaus der ehemaligen Barockanlage besteht in seiner heutigen Form bereits seit 1726. Der Name Bassewitz bedeutet "Sohn des Keilers", und noch immer weisen die Wappentiere den Weg zum Familiensitz. Der letzte Besitzer, auch ein Graf von Bassewitz, wurde 1945 enteignet und flüchtete nach Schleswig-Holstein. Das Haus mit mehr als 100 Hektar Grundbesitz wurde zu DDR-Zeiten von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften genutzt.

"Hätten wir gewusst, was uns bevorstand, wären wir wahrscheinlich in Uruguay geblieben", sagt von Bassewitz, der die sichere Existenz eines Experten der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit aufgab und sich zusammen mit seiner Frau in das Abenteuer stürzte. Im Mai 1992 zogen sie in das völlig marode Gutshaus und fingen an, den landwirtschaftlichen Betrieb nach ökologischen Richtlinien aufzubauen und das Haus zu renovieren. "Es war so viel zu tun und der erste Sommer so schön, dass uns das ganze Provisorium, in dem wir lebten, gar nicht so auffiel", berichtet der 58-Jährige. Nach vielen Hürden in den ersten Jahren bewirtschaftet das Gut heute 1800 Hektar Fläche mit Kühen, Rindern, Schafen, Legehennen und verschiedenen Getreidesorten. Strom und Wärme für den gesamten Hof erzeugen Solaranlagen sowie eine Biogasanlage, die mit Mais, Gras und Viehmist aus der eigenen Landwirtschaft gespeist wird. Dalwitz verzichtet auf Gentechnik, setzt auf die reine Natur und gehört zum Erzeugerverband Biopark. Sogar Prinz Charles war schon zu Besuch, um sich das mehrfach ausgezeichnete Hofkonzept anzuschauen. Auf dem Anwesen fühlen sich auch die rund 60 Foxhounds des Schleppjagdvereins Mecklenburger Meute wohl.

In dem Dorf Dalwitz zwischen Seenplatte und Ostseeküste bietet das Gut Dalwitz - ein Reiterhof mit rund 140 Pferden - neben Reit- auch Dressur- und Springunterricht. Außerdem können sich die Gäste im Westernreitstil üben. Aus Uruguay brachten die Besitzer die widerstandsfähigen Criollos mit, die größeren Ponys ähneln und über 200 Rinder im Zaum halten. Geübte Gäste dürfen wie echte Gauchos jedes Jahr Ende Oktober beim Treiben helfen, wenn die Hereford- und Angusrinder ihre Winterquartiere beziehen müssen. Die ersten Pferde, die mit dem Flugzeug importiert wurden, bildeten den Grundstock für das größte Criollogestüt Deutschlands mit rund 90 Tieren. Ein Stück Südamerika finden die Gäste auch im Hofrestaurant. Wie in den besten Steakrestaurants in der Heimat der Gutsherrin werden in Dalwitz über glühender Holzkohle Weidenochsensteaks geröstet - aus eigener Haltung. Die Delikatesse des Hauses ist so zart, dass sie fast auf der Zunge zergeht. Feste Tradition ist inzwischen auch das Asado, ein südamerikanisches Festmahl vom Grill. So wird in den Sommermonaten jeden Montag auf uruguayische Art unter freiem Himmel gespeist. Neben der Hausspezialität gibt es Wild aus eigenen Jagdrevieren.

Für entspannte Tage auf dem Gut und in der Umgebung bieten die von Bassewitz ihren Gästen 17 Ferienwohnungen mit insgesamt 85 Betten.

In einem eleganten Domizil mit Kamin und einer Größe von 140 Quadratmetern können vier bis fünf Besucher im Erdgeschoss des Gutshauses wohnen. Das sandsteinfarbene Gebäude im Barockstil bietet im linken Flügel noch zwei Turmwohnungen für jeweils zwei Personen. Weitere Apartments in unterschiedlicher Größe befinden sich in den restaurierten Nebengebäuden aus rotem Backstein. Im gemütlichen Landhausstil mit südamerikanischem Flair wohnt es sich im alten Verwalterhaus und in der ehemaligen Stellmacherei. In einem Teich zwischen den weiten Wiesen des Gutes kann man frischen Fisch angeln, außerdem Obst und Gemüse im Bauerngarten ernten.

Wenn abends die Gäste nach einer Rad- oder Kanutour, von einem Ausritt oder einem Ausflug an die Ostsee zurückkommen, die Kinder im Bett liegen und der Abend in der Remise ausklingt, genießen die Gutsbesitzer von ihrer Terrasse den Blick in die weite Parklandschaft. Lucy erinnert sich noch genau an jene regnerische Nacht in Uruguay, in der ihr Heinrich von Bassewitz zum ersten Mal die Geschichte erzählte, die er von seinem Großvater kannte. "Er ließ mich eintauchen in die alte Dalwitzer Welt, einen Ort, wo die Welt in Ordnung war, wo nachmittags der Tee unter den Linden getrunken wurde, wo man das Summen der Bienen gehört hat und wo seine Vorfahren ununterbrochen bis 1945 gelebt hatten", erzählt die Mutter von drei Kindern. Sieben Monate nach dieser Nacht landeten sie frisch verheiratet in Dalwitz.

Wie schön es auf dem Gut ist, wissen auch die Störche, die alljährlich auf dem Dach des Stallgebäudes klappern.