Auch weil der neue US-Präsident Barack Obama dort so viele Verwandte hat, hofft das ostafrikanische Reiseziel jetzt auf einen Aufschwung.

Lange war Robert Redford ihr Star: Einmal dem Mann begegnen, der in "Jenseits von Afrika" den ebenso romantischen wie kühnen Denys Finch Hatton gespielt hat, den Großwildjäger und Liebhaber der Baronin Karen Blixen. "Das habe ich mir oft gewünscht", sagt Rosemary Agutu. Inzwischen schwärmt die Museumsführerin im Karen-Blixen-Haus bei Nairobi jedoch für einen anderen Amerikaner: "Barack Obama natürlich. Seine Wahl hat uns Riesenauftrieb gegeben", sagt die 26-Jährige.

Auch touristisch will Kenia davon profitieren. Nirgendwo hat der neue US-Präsident so viele Verwandte wie in dem Land am Indischen Ozean, der Heimat seines Vaters. Rosemary kennt sie fast alle: "Schließlich bin ich in Kogelo geboren, wo Obamas Oma Sarah wohnt." Kein Wunder, dass Besucher des Blixen-Hauses, in dem die dänische Afrika-Abenteuerin einst ihrem Liebhaber bei Rotwein und Grammofonmusik Geschichten erzählte, mit Rosemary gern Kenias aktuelles Lieblingsthema erörtern: Wann kommt Obama auf Staatsbesuch? Das sei allerdings gar nicht so wichtig, sagt Ongonga Achieng: "Der Obama-Effekt greift doch schon längst", erklärt der Direktor der staatlichen Kenianischen Tourismus-Agentur KTB. Fast täglich bekommt er Anfragen von Reiseveranstaltern, die Touren ins Land der Väter des neuen Mannes im Weißen Haus organisieren wollen. Die Angebote tragen Namen wie "Presidential Heritage Safari" oder "Obama Wildlife Tour". Vorboten des neuen Booms waren bereits da: Oprah Winfrey, die US-Talkmasterin, zum Beispiel. Auch Hollywood-Star Will Smith ("Men In Black") hat sich schon umgesehen. "Nicht nur Amerikaner, auch die Deutschen kommen wieder in größerer Zahl, genau wie Briten, Franzosen und andere Europäer, zudem wächst die Nachfrage in China und Japan", sagt Achieng. "Wir können aufatmen", fügt er erleichtert hinzu.

Denn Anfang 2008 war der Tourismus - Kenias wichtigster Devisenbringer und eine Branche mit Zehntausenden Arbeitsplätzen - zusammengebrochen. Die Bilder der blutigen Unruhen, die Politiker im Streit um den Sieg bei den Wahlen geschürt hatten, gingen damals um die Welt. Doch längst herrscht wieder Ruhe in dem Land, das nicht erst seit dem Fernsehklassiker "Daktari" oder Hollywood-Filmen wie "Hatari!" mit John Wayne und Hardy Krüger oder "Schnee am Kilimandscharo" mit Gregory Peck als das Safari-Land schlechthin gilt. Gebucht wird nicht nur Badeurlaub in den gut bewachten "Ferien-Festungen" an den weißen Sandstränden von Lamu, Malindi oder Mombasa. Längst trauen sich Kenia-Reisende auch wieder auf die Piste und gönnen sich das Erlebnis von Pirschfahrten in einem der zahlreichen Wildreservate.

"Drei der Big Five haben wir schon im Kasten", sagt der Berliner Martin Hauptmann in der "Kilaguni Safari-Lodge" im Nationalpark Tsavo Ost mit Blick auf den Kilimandscharo. "Löwen haben wir in der Masai Mara fotografiert, Nashörner oben in Laikipia und die berühmten roten Elefanten hier im Tsavo. Büffel sehen wir bestimmt auch noch, und mit ein wenig Glück wenigstens einen Leoparden." Manchmal kann die Foto-jagd nach den "Großen Fünf" für Touristen schon zur Obsession werden. Mit ziemlicher Sicherheit sollte sie erfolgreich sein, wenn man mehrere Nationalparks auf die Reiseroute setzt und in den Trockenzeiten von Dezember bis März oder von Juli bis September auf die Pirsch geht. Dann sind die Tiere eher auf Wasserlöcher angewiesen, die wie in der "Kilaguni-Lodge" oft direkt vor den Balkonen der Gäste liegen. Und die Vegetation ist spärlich, was die Beobachtung bei Pirschfahrten im Geländewagen erleichtert.

Aber auch in den für Urlauber preiswerteren Regenzeiten bietet Kenia volle Afrika-Romantik. Zwar kann es vorkommen, dass der Sundowner auf dem "Lions Rock" im Tsavo - einem felsigen Hügel mit bester Rundumsicht, der abwechselnd von Löwen und Urlaubern benutzt wird - auch außen recht feucht ausfällt. Doch auch in den Regenzeiten lässt sich die Sonne täglich wenigstens für ein, zwei Stunden blicken. Es ist die Zeit, in der es am Abend in den Lodges auf dem kühleren Hochland besonders gemütlich wird, wenn der Whisky oder Gin-Tonic vor einem prasselnden Kaminfeuer eingenommen wird. Eine der kenianischen Edelherbergen ist das "Ngong House". Für 200 bis 400 Euro pro Person und Nacht wird in dieser kleinen Anlage ein Ambiente geboten, das hohen ästhetischen Ansprüchen an eine Safari-Unterkunft gerecht wird.

Ein Besuch im Blixen-Haus ist für viele Touristen ein Muss ebenso wie ein Abstecher zum Tierwaisenheim der David-Sheldrick-Stiftung. Hier werden von Wildhütern gerettete Elefanten- und Nashorn-Babys aufgepäppelt, bis sie allein im Busch überlebensfähig sind. Absolut "in" ist das "Giraffenknutschen": Im Giraffe Centre, unweit des Nairobi-Nationalparks, füttern übermütige Besucher die Langbeiner von einer Balustrade aus mit Nährstoff-Pellets von Mund zu Mund. Näher kann man der Zunge einer Giraffe nicht kommen - und auch nicht ihren schönen, von riesigen Wimpern beschirmten Augen.

Nicht zu Unrecht hatte Nairobi eine Zeit lang wegen der Gefahr von Raubüberfällen den Spitznamen "Nairobbery". Doch die Sicherheitslage hat sich spürbar verbessert. Lange Spaziergänge in der Dunkelheit sind zwar nach wie vor nicht ratsam. Aber wer mit dem Taxi oder dem Tourbus unterwegs ist, kann Nairobi auch als Nightlife-Metropole erleben - und immer wieder wird er dabei auf Barack Obama stoßen. In der Disco "Simba Saloon" legen DJs neue Rap- und Reggae-Songs auf, in denen Obama wie eine Art Schutzheiliger Kenias besungen wird. Manchmal begegnet man in einer der Discos einer jungen Rechtsanwältin, für die Tanzen das schönste Hobby ist. Sie heißt Angela Obama, ist eine Cousine des neuen US-Präsidenten. "Mancher Klient glaubt, ich hätte dieselben Gene und könne daher Rechtsstreits gewinnen wie er die Wahlen", erzählt Angela lachend. "Das Obama-Image eröffnet Kenia neue Möglichkeiten", sagt sie. "Aber wir dürfen nicht erwarten, etwas geschenkt zu bekommen."