Havanna. Nach knapp zwei Stunden Fahrt auf dem Weg von Havanna nach Trinidad macht der Reisebus plötzlich einen Schwenk, biegt über den grünen Mittelstreifen der Autobahn links ab und steuert eine kleine, in Gegenrichtung gelegene Raststätte an. Bei der Weiterfahrt fällt nach einer knappen Minute auf, dass ein Fahrgast fehlt. Der Bus kehrt auf der Autobahn und sammelt die verspätete Touristin ein. Diese Szene passt zu Kuba: In kaum einem anderen Land sind die Highways so leer, dass Wendemanöver ohne Blechschaden abgehen. Und sie passt zur Touristenbuslinie "Viazul": Hier geht niemand verloren. Wer auf der Karibikinsel Land und Leute kennen lernen möchte, ist in den klimatisierten Komfortbussen von "Viazul" gut aufgehoben. Der Namen bezeichnet ein Busnetz für Touristen, das alle größeren Städte miteinander verbindet und dabei auch das Touristenzentrum Varadero nicht auslässt. Die mit Toilette, Fernsehern und kalten Getränken bestückten Reisebusse fahren pünktlicher als die Deutsche Bahn. Sitzplatz ist garantiert, denn das Ticket muss einige Stunden vor Abfahrt an der "Viazul"-Anlaufstelle in den Busbahnhöfen reserviert werden. Dies ist das einzige Handicap, denn vielerorts sind dafür ein paar Brocken Spanisch nötig. Die weiß-blaue Dollar-Linie kommt professionell daher: Per Internet können potenzielle Kunden die Fahrpläne und Preise schon vor Abreise erkunden (www.viazul.cu), wahlweise in Englisch oder Spanisch. Einen ähnlich guten Eindruck macht das Hauptquartier in Havanna. Hier gibt es Gepäckaufbewahrung und einen klimatisierten Wartesaal, dazu Cafeteria und Supermarkt - ganz anders als in den Provinzstationen, wo die Buskunden froh sein werden, wenn sie einen passenden Ansprechpartner gefunden haben. Die einfache Fahrt Havanna-Trinidad (etwa 350 Kilometer) kostet 25 Dollar und dauert knapp sechs Stunden, Pausen inklusive. Fest eingeplante Stopps bis hin zu Mittag- oder Abendessen in Restaurants an der Strecke sind wohl (neben den fehlenden Staus) ein Grund für die Pünktlichkeit: Hat ein Bus Verspätung, können die Pausen gekürzt werden. Fahrgäste, welche die knapp 900 Kilometer zwischen den beiden Großstädten Havanna und Santiago de Cuba mit "Viazul" zurücklegen wollen (Preis: 51 Dollar), müssen allerdings Sitzfleisch haben: In beiden Städten startet dreimal pro Tag ein Bus der Touristenlinie und braucht für die Fahrt 15 bis 16 Stunden. Da bietet es sich an, Zwischenstopps einzulegen. Spätestens wenn der Bus in einen Zielbahnhof einrollt, hat die Gemütlichkeit ein Ende. Nun gilt es, eine Unterkunft zu finden. Städte im Landesinneren verfügen nur über wenige Hotels. Und oftmals sind diese mit Doppelzimmerpreisen ab 50 Dollar aufwärts eindeutig zu teuer, gemessen an dem, was sie (nicht) bieten. Nun kommt der Reiseführer zum Zuge, ein Muss für Inselentdecker. Gebraucht werden Nachschlagewerke für Individualreisende, denn sie nennen auch Privatadressen von Kubanern, die staatlich angemeldet ein oder zwei Zimmer zu vermieten haben. Solche "Casas Particulares" sind an einem blau-weiß gestreiften Dreieck zu erkennen, das an der Haustür prangt. Die Vermieter müssen monatlich für jedes Zimmer - je nach Region - 150 bis 200 Dollar Steuer zahlen, egal, ob es belegt war oder nicht. Pro Nacht kostet ein solches Zimmer 15 bis 20 Dollar. Es hat meist eine eigene Dusche, WC und dünne, lärmdurchlässige Wände. Wer Glück hat findet, wie bei der Familie Casal in Trinidad, für 20 Dollar zwei große Zimmer mit je einem Doppelbett plus ein 15 Quadratmeter großes Bad vor. Um langen Zimmersuchen vorzubeugen, empfiehlt es sich, am Vortag telefonisch (auf Spanisch) anzufragen, ob das Zimmer frei ist. Die Gastgeberin oder der Gastgeber wird sich den Namen notieren und ihn bei der Ankunft am Busbahnhof auf einem Pappschild in die Höhe halten - Abholservice ist Ehrensache, mangels Fahrzeug erfolgt er meist zu Fuß. Neuankömmlinge erhalten sofort eine Visitenkarte, damit sie in den quirligen Stadtvierteln ihre Bleibe treffsicher wiederfinden. Vor der Weiterfahrt gibts einen Tipp fürs Etappenziel, auf Wunsch wird man gleich angemeldet. Beim Netz der Privatvermieter gilt wie bei "Viazul": Es geht niemand verloren.