In der Toskana lernte Charlotte Bauer das süße Leben schätzen, für zehn Tage im Sonnenurlaub mit ihrer Familie. Die Reise im Oktober war verbunden mit Gefahr, im warmen Süden drohte Deutschlands vielleicht größtem Triathlon-Talent der Verlust der Disziplin.

Barsbüttel. "Erst einmal war die Härte für das Training dann weg, ich habe gemerkt, dass ich weicher geworden bin", sagt Charlotte. Ein paar Wochen später ist die Freude am Sport zurück, bei Regen, Kälte, Wind und Schnee.

1,63 Meter geballte Energie, doch immer häufiger trainiert Charlotte in diesem Winter vor allem ihren Kopf. Stillsitzen ist ihre Sache nicht, in der Schule aber steht das Abitur an, mit bis zu sechsstündigen Klausuren. Die Prüfungen haben Vorrang, "danach geht es dann richtig los", sagt die Stemwarderin, sie meint das anders als die meisten ihrer Klassenkameraden: Feiern? "Mache ich nicht, brauche ich nicht, habe ich keine Zeit für", sagt Charlotte. Sie freut sich auf mehr Zeit zum Trainieren.

In der Toskana hat sie ihre Saison Revue passieren lassen, ein Jahr, gekrönt vom Titelgewinn bei der Jugend-DM. Charlotte selbst nennt andere Höhepunkte als die Goldmedaille: Rang acht bei den Europameisterschaften der Juniorinnen, den Start beim Europacup der Erwachsenen, sogar ihre Verletzung in der Saisonvorbereitung. Etwas erreicht zu haben, bringe sie nicht weiter, sagt Charlotte. "Man lernt am meisten, wenn es Probleme gibt, wenn man nicht gewinnt." Erfahrung sammeln, besser werden, dafür opfert sie ihre gesamte Freizeit. Im Sport, das sagt sie selbst, ist sie eine Musterschülerin. Zielstrebig, ehrgeizig, fleißig.

Längst ist die Deutsche Triathlon-Union auf das Talent des FC Voran Ohe aufmerksam geworden, nur selten aber macht Charlotte bei Aktionen des Bundesverbands mit. "Ich habe mich da erst einmal rausgezogen wegen des Abiturs", sagt sie, mit Coach Constantin Depmeyer will sie ihren Trainingsplan zudem lieber selbst gestalten. Zumindest im Schleswig-Holsteinischen Verband ist sie seit der Berufung des Bargteheiders Josef Dankelmann zum Landestrainer eingebunden und zum Aushängeschild geworden. Sie nennt sich selbst eine "kleine Patriotin", stolz ist sie mit der Schleswig-Holstein-Fahne ins Ziel gelaufen bei ihren beiden deutschen Meistertiteln 2008 und 2009.

Länger ist die Triathlongeschichte des kleinen Kraftpakets ja noch gar nicht, die ehemalige Leistungsschwimmerin steht erst vor ihrer dritten Saison. Aus dem Nichts, selbst Kennern der Szene weitgehend unbekannt, hatte sie vor anderthalb Jahren den DM-Titel geholt. Es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte, in der bis heute keine einzige Niederlage gegen eine deutsche Konkurrentin steht.

Was Charlotte fehlt, ist die Möglichkeit, auch mal spontan sein zu können. Ihre Tage sind zu straff durchorganisiert für einen überraschendes Treffen mit einer Freundin, mal eben einen Ausflug ins Café. Ein bisschen mehr Zeit mit der Familie, das wäre ihr wichtig, aber sie hat sich längst entschieden, für ein Leben für den Sport. Auch darüber hat sich nachgedacht im Oktober in der Toskana.