Die Oststeinbeker wollen die Massenveranstaltungen im Gewerbegebiet verhindern. Doch der Kreis erteilte nun die Genehmigung. Neues Konzept.

Oststeinbek. Flohmarktfans werden jubeln, doch in Oststeinbek sind viele Menschen empört: Der Kreis Stormarn entschied jetzt gegen die Gemeinde und für den Ahrensburger Flohmarktveranstalter C. Hochberg. Er darf ab August wieder zum Trödelspektakel auf dem real-Parkplatz im Oststeinbeker Gewerbegebiet laden.

Im vergangenen Jahr hatte die Südstormarner Gemeinde die Flohmärkte untersagt und ihre Auffassung, dass es sich bei den Märkten um eine Störung der Sonntagsruhe handele, von zwei Gerichten bestätigt bekommen. Doch nachdem der Veranstalter sein Konzept änderte, entschied der Kreis jetzt zu seinen Gunsten. Der Gemeinde sind die Hände gebunden, sie will sich nun per Bürgerprotest wehren.

Bis zum Frühjahr 2011 zog es einmal im Monat Scharen von Jägern, Sammlern und Flaneuren auf den Parkplatz des Verbrauchermarktes nahe dem Hamburger Stadtrand. Bis zu 30 000 Besucher kamen sonntags zu dem nach Angaben des Veranstalters größten Flohmarkt Norddeutschlands mit rund 500 Verkaufsständen. Für die 8600-Einwohner-Gemeinde Oststeinbek entwickelte sich das monatliche Trödel-Spektakel zum Ärgernis. Nach jedem Flohmarkt häuften sich im Rathaus die Beschwerden über zugeparkte Straßen, Lärm oder Müll.

Genervt waren vor allem die Anwohner der angrenzenden Straßen Kohlbergen, Grenzweg, Im Hegen und Hamburger Kamp. Uwe Kaukerat, Anwohner im Grenzweg, kann es nicht fassen: "Darf sich der Kreis einfach über die Entscheidung der Gemeinde hinweg setzen?", wollte er letzte Woche im Gemeinderat wissen. Er darf: "Die Gemeinde muss die Weisung der Fachaufsichtsbehörden hinnehmen", sagt die zuständige Kreismitarbeiterin Silva Krause. Oststeinbek sind also die Hände gebunden, nun sollen die Bürger protestieren. "Wir werden einen Beschwerdebrief auf unsere Homepage stellen, den sich die Einwohner herunterladen können.", sagt Bürgermeisterin Martina Denecke und auch Bürgervorsteher Hendrik Maier will an die Kreisverwaltung schreiben.

Ortstermin mit den Anwohnern: Peter Niendorf vertritt die Interessengemeinschaft Kohlbergen und Grenzweg und damit, wie er sagt, rund 220 Anwohner."Wenn Flohmarkt ist, sind hier alle Straßen ringsum zugeparkt.", erklärt der 53-Jährige. Den Oststeinbeker nervt vor allem der Lärm an den Flohmarkt-Sonntagen. Der gehe bis abends um zehn, wenn die Kehrmaschinen das Gelände reinigen. Finden die Flohmarktbesucher im Gewerbegebiet keinen Parkplatz mehr, weichen sie auf die Straßen im Ort aus.

+++ Neuem Konzept eine Chance geben +++

Zum Beispiel in den Hamburger Kamp. Von dort geht es über ein Feld in fünf Minuten zum Flohmarktgelände. Gemeindevertreterin Sabine Huß-Reichelt sagt: "Morgens um sechs parken hier schon die ersten Verkäufer und packen mit großem Palaver ihre Sachen aus." Ihr Nachbar Siegbert Tiller meint: "Wir haben hier jeden Tag tausende Autos, wenigstens am Sonntag sollte Ruhe sein." Uwe Kaukerat ärgert, dass die Flohmarktbesucher ihren Müll überall hin schmeißen. "Der Hochberg bemüht sich ja, das abzustellen, aber das gelingt ihm leider nicht.", sagt er.

Als der Flohmarktveranstalter letztes Jahr zu Ostern gleich zwei Tage lang einen Trödelmarkt organisieren wollte, reichte es der Gemeinde. Sie nutzte eine Bebauungsplanänderung für das Gebiet und beschränkte die Aktionsfläche für den Flohmarkt auf 1000 Quadratmeter - ein Zehntel der bisherigen Größe. Der Veranstalter zog vor Gericht und verlor. Zu gewerblich sei das Angebot des Marktes und zu groß der damit verbundene Menschenandrang. Das verletze die Sonn- und Feiertagsruhe, entschied erst das Verwaltungsgericht und in zweiter Instanz auch das Oberverwaltungsgericht in Schleswig.

Die Firma änderte darauf das Konzept und bot an, die Fläche und die Anzahl der Stände zu halbieren sowie die Zahl der gewerblichen Aussteller auf zwölf zu beschränken. Den Verkauf von Neuware verbot der Veranstalter ganz und beantragte für den "Familien-Flohmarkt" sechs Termine im Jahr 2012. Doch die Gemeinde lehnte ab. "Dann wären es immer noch 10 000 Besucher pro Veranstaltung.", sagt Bürgermeisterin Martina Denecke.

Doch mit dem neuen Konzept wendete sich das Blatt. Nach Ansicht des Kreises liegen gegenüber der Entscheidung der Gerichte nun andere Voraussetzungen vor: "Der Markt ist um die Hälfte kleiner und die Termine wurden von 12 auf sechs im Jahr reduziert", sagt Silva Krause. Ihr Fazit: Die Veranstaltung sei nicht gewerblich orientiert und widerspreche nicht dem Wesen der Sonn- und Feiertage. Denn Flohmärkte seien als Unterhaltung anzusehen. Beschwerden über wildes Parken wären nicht mehr zu erwarten, denn es stünden nun ausreichend Parkflächen zur Verfügung. Per Schreiben vom 1. Juni widersprach sie der Ablehnung der Gemeinde und entschied, der Firma Hochberg noch vier Flohmärkte im diesem Jahr zu gestatten. Der erste Flohmarkt soll nun am 26. August stattfinden.

Sabine Huß-Reichelt glaubt nicht, dass das neue Konzept eine Verbesserung bringt: "Wer überwacht das denn? Die Besucher kommen außerdem wegen des Flohmarkts, egal ob es 250 oder 500 Stände sind."

Der Veranstalter, ein Ahrensburger Unternehmen, ist nach eigenen Angaben einer der größten in Norddeutschland. Er organisiert pro Jahr rund 200 Flohmärkte mit mehr als 850 000 Besuchern. Gegenüber dem Abendblatt wollte er trotz mehrfacher Nachfrage keine Stellungnahme abgeben. Man wolle erst mit der Gemeinde sprechen, hieß es aus der Geschäftsleitung.