Umfrage in 30 Betrieben im Raum Stormarn ergibt: Es gibt nur wenige weibliche Führungskräfte, Chefetage gehört meist komplett den Männern.

Ahrensburg. Freiwillig oder mit Zwang? Das ist hier die Frage. "Tatsache ist, dass es mit der Freiwilligkeit bisher nicht geklappt hat. Wir brauchen die Frauenquote", sagt die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Stormarn, Birte Kruse-Gobrecht. Die Zahlen bestätigen das. "Unter den 190 Vorständen in DAX-Unternehmen befinden sich zurzeit nur sieben Frauen", beklagt Katja Rathje-Hoffmann, Landesvorsitzende der Frauen Union Schleswig-Holstein. Der Gesetzgeber müsse einschreiten und 30 Prozent weibliche Kompetenz in Führungspositionen durchsetzen.

"30 Prozent ist gut für den Anfang", sagt die Ahrensburger Gleichstellungsbeauftragte Gabriele Fricke. Und zwar nur für den Anfang. Fricke: "Wir sind die Hälfte der Menschheit. Also steht uns auch die Hälfte der Macht zu. 50 Prozent muss das Ziel sein."

Das Thema polarisiert. Jede Karriere, die ein Mann macht, wäre auch eine mögliche Chance für eine genauso qualifizierte Frau gewesen. "Das Wort Quotenfrau ist deswegen auch vollkommen falsch. Hauptsache Frau, das reicht ja nicht. Nur qualifizierte Mitarbeiterinnen können in Führungspositionen gelangen", sagt Gabriele Fricke, "das Problem ist nur, dass das Netzwerk der Herren so dicht ist, dass die Frauen eben oft nicht die Chance haben, da durchzukommen."

Seit Jahren wird über die Frauenquote gestritten. Das Knifflige an der Geschichte kann sich aber auch ganz anders äußern: mit Schweigen. Bei einer intensiven Telefonumfrage der Regionalausgabe des Hamburger Abendblatts in Stormarner Betrieben machten zwei Drittel der Firmen keine Angaben zu ihrer Frauenquote. Das sei eine interne Angelegenheit. Die Hälfte der Befragten wollten noch nicht einmal Auskunft darüber geben, wie viele Mitarbeiter sie beschäftigen. Wie heikel das Thema ist, zeigt eine weitere Besonderheit: Bis auf drei Personen wollten die Befragten nicht zitiert werden oder anonym bleiben. Klar wurde: Es hat sich etwas getan. Klar wurde aber auch: In vielen Betrieben gehört die Chefetage nach wie vor komplett den Männern.

Zum fünfköpfigen Führungsteam der Bargteheider Firma Getriebebau Nord gehört eine Frau. Bei der Firma Vivanco in Ahrensburg, Vermarkter für IT-Zubehör, gibt es eine Frau unter zehn Führungskräften - die Chefbuchhalterin. Auch im Hinblick auf die Gesamtbelegschaft von 200 Mitarbeitern sind die Frauen mit ungefähr 30 Prozent unterrepräsentiert.

"Die Schwangerschaft ist ein Problem. Wenn die Frauen nicht da sein können, können sie gewisse Positionen auch nicht besetzen", gab die Beschäftigte eines Stormarner Unternehmens zu, die anonym bleiben will. Im zehnköpfigen Management-Team dieser Firma mischt eine Frau mit.

Beim Backwarenhersteller DeutscheBack in Ahrensburg kam die klare Aussage: "Es gibt keine Plan-Quote". Und so hat es hier auch noch keine Frau in die Führungsetage geschafft.

Beim Ahrensburger Gewürzwerk Hela wurden ebenfalls keine Zahlen genannt. Dafür gab es ein Bekenntnis: "Um mehr Frauen eine Karriere zu ermöglichen, werden flexible Arbeiten benötigt. Das haben wir", sagte ein Mitarbeiter. "Außerdem brauchen wir mehr Kitas. Davon haben wir noch viel zu wenig. Und schuld ist die Gesellschaft. Wenn eine Mutter ihr Einjähriges in die Krippe bringt, denken doch alle gleich: Rabenmutter! Und es muss mehr für die Ausbildung getan werden. Wir bilden 50 Prozent Männer und 50 Prozent Frauen aus." Eine Frauenquote war trotzdem nicht zu erfahren.

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Werkleiter Axel Huffziger von Langnese Honig in Bargteheide hat in den vergangenen Jahren einen Anstieg von weiblichem Führungspersonal ausgemacht. In seinem Unternehmen hat die Frauenquote in der Führungsetage 20 Prozent erreicht. Auch er sieht den Grund dafür in flexiblen Arbeitszeiten, die bei Langnese unter anderem mit Teilzeitarbeit ermöglicht wird.

Eine Fifty-Fifty-Besetzung der Geschlechter in den Chefetagen scheint angesichts dieser Umfrageergebnisse noch in weiter Ferne zu liegen. "Eine Frauenquote von 30 Prozent ist da schon realistischer", sagt die Kreisgleichstellungsbeauftragte. Die Zahl hängt mit Studien zusammen, die belegen, dass sich erst bei einem Anteil von 30 Prozent Frauen die männerdominierte Unternehmenskultur ändere. "Diese andere Kultur ist die Balance zwischen Familie und Beruf. Das ist auch der eigentliche Kerngedanke der Frauenquote", sagt Kruse-Gobrecht. Es gehe nicht darum, die Kinder wegzuorganisieren, um auf Teufel raus Karriere zu machen. "Es geht um Effizienz, um schlanke Arbeitsabläufe und damit auch um ein neues Verhältnis zwischen Präsenz- und Ergebniskultur. Es geht um eine moderne Mitarbeiterführung und um einen anderen Führungsbegriff. Führung kann auch im Team erfolgen."

Für Ahrensburgs Wirtschaftsförderin Christiane Link gibt es trotz großen Handlungsbedarfs auch positive Zeichen der Veränderung: "Viele Firmen sind sehr offen dafür, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Und das ist letztlich die Voraussetzung für jede Karriere." Die Betriebe bemühten sich um flexible Arbeitszeiten, sie legten großen Wert darauf, dass die Frauen nach dem Mutterschutz wiederkommen könnten. Link: "Und sie kümmern sich um die Kinderbetreuung. All das ist ein Anfang."