Hundehalterin erhält nach drei Wochen eine Rechnung des Innenministeriums. Heidi Schwark soll 2557,31 Euro zahlen. Tierschutzverein: “Das ist ein Skandal.“

Hoisdorf/Kiel. "Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass ihr Hund tot ist." Es ist der 2. Januar, als Heidi Schwark am Telefon diese Worte eines Trittauer Polizisten hört. Für 65-Jährige bricht eine Welt zusammen. Ihr geliebter Australian Shepherd Robby war in der Silvesternacht weggelaufen. Zwei Tage hat die Hundebesitzerin aus Hoisdorf nach dem Tier gesucht. Vergebens. Dann der Anruf. Der Polizist teilt der Frau mit, dass ihr Hund auf der Autobahn bei Ahrensburg angefahren wurde. Dass der Schmerz über den Verlust drei Wochen später noch viel schlimmer wird, ahnt Heidi Schwark an diesem Tag nicht.

Es ist der 23. Januar, an dem Heidi Schwark Post bekommt, amtliche Post, der eine Zustellungsurkunde zusätzliches Gewicht verleiht. Inhalt: eine Zahlungsaufforderung. Das Landespolizeiamt beschreibt das Vorgehen der Beamten des Autobahnreviers Bad Oldesloe "am 31.12.2009 zwischen 21.30 Uhr und 22.24 Uhr": "Weil es nicht gelang, das Tier einzufangen oder durch einen gezielten Schuss zu töten, musste der Hund letztlich zur Verhinderung von Gefahren für die anderen Verkehrsteilnehmer mit dem Dienstfahrzeug überfahren werden. Dabei ist das Dienstfahrzeug derart beschädigt worden, dass es durch eine Fachwerkstatt repariert werden musste und drei Tage nicht einsatzfähig war. Dadurch sind dem Land Kosten entstanden."

Weiter heißt es, Frau Schwark als Tierhalterin habe den Schaden nach Paragraf 823 BGB zu ersetzen: 2524,86 Euro Reparatur, 29 Euro "Vorhaltekosten" für einen Leih-Streifenwagen, 3,45 Euro für die Zustellungsurkunde. Macht 2557,31 Euro.

"Als ich diese Worte las, konnte ich es nicht fassen", sagt Schwark, "ich hatte ja anfangs gedacht, Robby sei jemandem vors Auto gelaufen." Doch als sie auf so herzlose Weise erfahren musste, wie ihr geliebtes Tier gestorben ist, sei sie am Ende gewesen.

War die drastische Schilderung des Sachverhaltes, das pietätlose Vokabular in dem Schreiben nötig? "Wir haben da nur wenig Spielraum", sagt Jessica Wessel, Sprecherin des Landespolizeiamtes. "Wir müssen den Sachstand so schildern, wie er war, damit wir rechtssicher handeln." Heidi Schwark stellt sich seither die Frage, ob Robby tatsächlich hat sterben müssen. "Diesen Tod hat er nicht verdient", sagt sie unter Tränen. "Er war immer so ein lieber Hund. Als mein Mann mich vor zwei Jahren verlassen hat, hat Robby mir die Tränen weggewischt. Ich weiß nicht, ob ich diese schwere Zeit ohne Robby überstanden hätte." Tränen laufen über ihre Wangen.

Georg Ruge, Leiter des Polizeiautobahnreviers Bad Oldesloe, sagt: "Meine Mitarbeiter haben genau richtig gehandelt." Die Polizisten hätten keine andere Wahl gehabt. "Sie versuchten rund eine Stunde lang, das Tier einzufangen. Es war das letzte Mittel, zu dem wir greifen mussten, um eine Gefährdung anderer Autofahrer auszuschließen." Während die Beamten versuchten, den Hund einzufangen, wurde die Autobahn nicht gesperrt. "Es wurde auch nicht auf den Hund geschossen", sagt Ruge. "Die Gefahr, dass eine verirrte Kugel einen Autofahrer hätte treffen können, wäre zu groß gewesen." Zudem sei es schwierig gewesen, die Autobahn zu sperren, weil der Hund ständig auf allen sechs Fahrstreifen umherlief.

Für die Tierschützerin Anja Laupichler, die für den Tierschutzverein Großhansdorf/Ahrensburg spricht, ist diese Geschichte ein Skandal. "Ich verstehe auch nicht, warum die Autobahn nicht gesperrt werden konnte. In der Silvesternacht wird die doch kaum befahren", sagt Laupichler. "Dass der Hund dann absichtlich totgefahren wurde, ist ein unfassbarer Skandal."

Jessica Wessel vom Landespolizeiamt sagt, dass das Ganze "aus menschlicher Sicht eine grausame Geschichte ist", dass aus polizeilicher Sicht jedoch richtig gehandelt worden sei. "Der Dienstwagen wird auch zur Gefahrenabwehr eingesetzt", sagt Wessel. Dennoch werde der Fall jetzt im Landespolizeiamt noch mal geprüft.

Wie Robby auf die Autobahn gelangt ist, kann sich Heidi Schwark, die Silvester mit acht Freunden in ihrem Haus gefeiert hat, nur so erklären: Einer der Gäste muss vergessen haben, die Pforte zu schließen. Ihr Lebensgefährte habe sich sofort auf die Suche gemacht. "Neujahr telefonierten wir mit der Polizei." Doch Robbys Schicksal blieb ungeklärt. So lange, bis der Briefträger kam...

Ihre Meinung: Was meinen Sie? Haben sich die Beamten, die Robby überfahren haben, richtig verhalten? Ist es in Ordnung, dass die Hundehalterin den entstandenen Sachschaden bezahlen soll? Und wie beurteilen Sie das Vokabular der Schadenersatzforderung? Schreiben Sie uns einen Leserbrief, oder schicken Sie uns eine E-Mail. az@abendblatt.de