Neues Verfahren im Zivilrecht soll vom kommenden Jahr an auch in Ahrensburg angeboten werden.

Ahrensburg. Sie sind Vermieter und Mieter, Handwerker und Bauherr, Nachbar links vom Zaun und Nachbar rechts vom Zaun. Sie sind Streiter auf der Suche nach einer juristischen Lösung ihres Konflikts: die Kontrahenten in einem von schätzungsweise mehr als 1200 Zivilverfahren, die jährlich beim Amtsgericht in Ahrensburg anhängig sind. Dessen kommissarischer Direktor Michael Burmeister ist davon überzeugt: Mittels eines gerichtlichen Mediationsverfahrens ließe sich in vielen dieser Fälle ein für alle Beteiligten besseres Ergebnis erzielen als durch einen klassischen Rechtsstreit. Ein Ergebnis nämlich, das schneller zustande komme und tragfähiger sei als ein Urteil.

Das Ganze ist noch ein zartes Pflänzchen. Doch Burmeister und sein Team wollen daran mitarbeiten, dass es schnell gedeiht. "Seit Anfang vergangenen Jahres wird Mediation im Landgerichtsbezirk Lübeck angeboten", sagt Burmeister. Zurzeit können die Amtsgerichte geeignete Fälle nach Lübeck abgeben. Vom kommenden Jahr an, so der Plan, sollen sie Mediation selbst anbieten können. "Das würden wir dann sehr gern machen", sagt Burmeister.

Die bisher vorliegenden Zahlen verheißen ihm einen großen Erfolg. "Im vergangenen Jahr sind aus den Amtsgerichten im Bezirk etwa 300 Fälle zur Mediation nach Lübeck abgegeben worden. In 84 Prozent der Fälle ist es zu einer einvernehmlichen Lösung gekommen", sagt Angela Landwehr. Die Richterin am Amtsgericht Ahrensburg ist ausgebildete richterliche Mediatorin. In diesem Jahr habe das Landgericht bislang 175 Fälle übertragen bekommen - bei einer Erfolgsquote von 80 Prozent.

In den Fällen geht es um die ganze Bandbreite zivilrechtlicher Auseinandersetzungen. "Besonders geeignet sind Fälle, in denen erkennbar ist, dass beide Seiten an einer Lösung des Konflikts interessiert sind", sagt Landwehr. Voraussetzung sei insofern, dass beide Parteien bereit zum Mediationsverfahren seien. Das prüfen vorab die Kollegen, die den Fall bearbeiten. Kommt es dann zur Mediation, fungiert ein neutraler Richter lediglich als Moderator. Darin besteht der wesentliche Unterschied zwischen einem klassischen Vergleich. "Beim Vergleich hat der Richter die Akten studiert. Und er hat eine Vorstellung, in welche Richtung sich ein Verfahren entwickeln könnte", sagt Michael Burmeister.

Angela Landwehr erklärt: "Der Mediator muss zuhören und zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Fragen stellen. Er führt das Gespräch nicht in eine Richtung. Das machen die Streitparteien selbst." Im Idealfall treffen beide Parteien am Ende eine Vereinbarung. Die ist vollstreckungsfähig, in ihrer rechtlichen Wirkung also gleichbedeutend mit einem Urteil. Aber sie sei tragfähiger, so Landwehrs Beobachtung: "Beide Seiten haben sie ja selbst ausgehandelt."

Oft spare ein Mediationsverfahren allen Beteiligten viel Zeit. Michael Burmeister sagt: "Die Beteiligten einigen sich oft innerhalb weniger Stunden, wohingegen sich ein klassisches Gerichtsverfahren in derselben Angelegenheit vermutlich über mehrere Jahre erstrecken würde, wenn es durch alle Instanzen geht."

Daraus den Schluss zu ziehen, Mediation entlaste die Gerichte, scheint jedoch verfrüht. Aber es würde sich lohnen, das langfristig zu untersuchen, meint Richter Friedrich Kies, Sprecher des Ahrensburger Amtsgerichts. "Offiziell gilt Mediation zurzeit jedoch als zusätzliche freiwillige Leistung, die die Gerichte anbieten können", sagt er.

Bei Sorgerechtsstreitigkeiten ist Mediation in Ahrensburg schon lange obligatorisch. Angela Landwehr hat sie vor drei Jahren eingeführt - das "Ahrensburger Modell". Sie schätzt, dass seitdem rund 400 Fälle verhandelt worden sind. Bei rund 90 Prozent davon habe Mediation zum Erfolg geführt.