Weil Kiel den Geldhahn zudreht, müssen Kommunen in Stormarn Einschnitte hinnehmen. Auch Pinneberg und Norderstedt betroffen.

Ahrensburg. Das am Mittwoch in Kiel vorgestellte Sparkonzept der schwarz-gelben Landesregierung sorgt in Stormarn für große Unruhe. Zwar sind die Etats des Kreises und der Kommunen nicht unmittelbar von der umfangreichen Streichliste betroffen. Dennoch dürfte sich das 45-seitige Strategiepapier mit der Überschrift "Schleswig-Holstein ist auf dem Weg - Handlungsfähigkeit erhalten, Zukunftschancen ermöglichen" auf nahezu alle Bereiche auswirken. Barsbüttels Bürgermeister Thomas Schreitmüller, der Kreisvorsitzender des Gemeindetages ist, sagt: "Die Einsparungen werden für die Kommunen überall dort von Bedeutung sein, wo eine Kofinanzierung durch das Land im Spiel ist." Tausende von Stormarner Eltern dürften den Kieler Konsolidierungskurs unterdessen auch unmittelbar im eigenen Portemonnaie zu spüren bekommen.

Auch Pinneberg und Norderstedt sind betroffen.

Die Regionalausgabe Stormarn des Hamburger Abendblattes hat eine Reihe von Maßnahmen, ihre unmittelbaren Auswirkungen auf den Kreis sowie erste Reaktionen zusammengestellt.

Städtebau

Städtebauförderungsprogramme wie der Stadtumbau West sollen erhalten bleiben. Geprüft werden müssten aber "Möglichkeiten anderer Förderstrukturen anstelle der bisherigen Drittelung zwischen Bund, Land und Kommune". Das Land möchte also offenbar weniger Geld dazugeben. "Ich kann noch nicht genau abschätzen, was das für uns bedeuten wird", sagt Oldesloes Bürgermeister Tassilo von Bary. Die Kreisstadt hat für die kommenden Jahre mit Millionen gerechnet. Städtetagssprecher Thomas Schreitmüller sagt: "Das wird für Bad Oldesloe und Reinfeld ganz bittere Einschnitte bedeuten."

Der Straßenbau wird nach Schreitmüllers Einschätzung ebenfalls betroffen sein. "Da wird - auch bei den Radwegen - in den kommenden Jahren nur noch ganz wenig stattfinden", sagt er.

Kinder und Jugendliche

Das kostenlose dritte Kindergartenjahr wird wieder abgeschafft. Davon betroffen sind nach Einschätzung von Kreisjugendamtsleiter Wilhelm Hegermann pro Jahr rund 2100 Stormarner Haushalte. Für eine Ahrensburger Familie würde das Mehrkosten von bis zu 1500 Euro bedeuten.

Lehrerstellen sollen wegfallen. Heiko Winckel-Rienhoff von der Gewerkschaft Erziehung Wissenschaft (GEW) in Stormarn schätzt, dass in etwa zehn Jahren an jeder Schule vier Lehrer weniger arbeiten werden. Gleichzeitig werde die Arbeitszeit der Pädagogen angehoben. "Da bleibt wenig Zeit für individuelle Förderung der Schüler", sagt Winckel-Rienhoff.

Die Schülerbeförderung wird vom Land ebenfalls nicht mehr gefördert. Kreiskämmerin Christiane Maas: "Das ist bislang der einzige Posten, der sich für mich erkennbar direkt auf den Kreis Stormarn auswirkt." Konkret überweise das Land künftig etwa 460 000 Euro weniger an den Kreis. Was das für schätzungsweise gut 7000 Stormarner Eltern bedeuten wird, deren Kinder zurzeit Anspruch auf eine kostenlose Busfahrkarte haben, steht noch nicht fest. "Das ist ein Thema, über das gegebenenfalls von der Kreispolitik entschieden werden müsste", sagt sie. Dann ginge es, wie vor gut fünf Jahren schon einmal, um die Frage, ob der Kreis die Eltern an den Kosten beteiligte.

Ingo Loeding, Kreisgeschäftsführer des Deutschen Kinderschutzbunds, hält eine Beteiligung der Eltern für das falsche Signal. "Da gibt es dann keine Sozialstaffel, sodass Familien mit geringem Einkommen überdurchschnittlich stark betroffen wären", sagt er.

Gleichstellung

"Frau & Beruf" steht vor dem Aus. Zurzeit hat die Oldesloer Beratungsstelle noch einen Etat von jährlich 67 000 Euro zur Verfügung. 70 Prozent des Geldes kommen vom Land, den Rest gibt die EU. Ab 2014 soll es keine Förderung mehr geben. Oldesloes Gleichstellungsbeauftragte Marion Gurlit ist entsetzt. "Das Land zieht sich hier aus seiner Verantwortung für die Gleichberechtigung", sagt sie. "Frau & Beruf" habe die höchste Vemittlungsquote, wenn es um die Integration von Frauen ins Berufsleben gehe, betont Gurlits Amtskollegin beim Kreis, Birte Kruse-Gobrecht. Sie sagt: "Das ist so, als wenn man das beste Pferd im Stall nicht mehr zum Rennen schickte."

Frauenhäuser tauchen ebenfalls in der Streichliste auf. Sie sollen in ihren Kernbereichen erhalten und "auf niedrigem Niveau weitergeführt" werden. Die Finanzierung soll allerdings über den kommunalen Finanzausgleich erfolgen, nicht mehr durch direkte Zuschüsse. Was das für die Ahrensburger Einrichtung mit ihren zwölf Plätzen bedeutet, vermag die Gleichstellungsbeauftragte Gabriele Fricke noch nicht zu sagen. Eine denkbare Verkleinerung der Einrichtung hält sie jedoch für nicht sinnvoll: "Wir brauchen ein Frauenhaus in dieser Größe."

Polizei

Die Polizeidirektionen im Land könnten weiter zentralisiert werden. Allerdings soll das laut Sparkonzept nicht vor 2015 in Angriff genommen werden. Manfred Börner, Vorsitzender der Regionalgruppe Lauenburg-Stormarn der Gewerkschaft der Polizei (GdP), ist sich sicher, dass das gegebenenfalls das Aus für die Direktion in Ratzeburg bedeuten würde. "Es ist aber schwer zu beurteilen, was ein Zusammenschluss von Ratzeburg, Ostholstein und Lübeck bedeuten würde", sagt er. "Ich halte es für schwierig, dadurch Personal zu sparen."

Schwertransporte sollen künftig nicht mehr von der Polizei begleitet werden, sondern von privaten Firmen. "Diese Begleitfahrten kosten viel Personal und sind nicht der Bringer", sagt Gewerkschafter Börner. "Viele Kollegen wären froh, wenn sie das nicht mehr machen müssten."

Ohnehin ist Polizist Börner nicht so schlecht auf das Sparpaket zu sprechen wie andere Funktionäre. "Man muss anerkennen, dass der Polizeibereich relativ wenig belastet wird. Ich bin unglaublich froh, dass es keine Stellenstreichungen geben wird. Da hat der Minister wirklich Wort gehalten." Enttäuschend sei, dass den Beamten entgegen der im Wahlkampf getroffenen Zusagen abermals ins Portemonnaie gegriffen werde. Börner: "Ich darf zwei Jahre länger arbeiten. Aber die Jubiläumszuwendung, dieser ganz kleine Obolus, wird mir gestrichen. Danke."

Eine Reihe weiterer Sparmaßnahmen könnte den Kreis Stormarn ebenfalls noch treffen. Bürgermeister und Gemeindetags-Vorsitzender Schreitmüller hält es für möglich, dass auch die Volkshochschulen und die Büchereien auf Geld werden verzichten müssen. "Das steht zwar nicht ausdrücklich im Konzept drin. Aber es sollen ja alle Zuschüsse gekürzt werden", sagt er. "Und wenn die Landesverbände weniger Zuschüsse bekommen, wirkt sich das auch in den Kommunen aus."

Und eine Fusion einzelner Finanzämter, die im Gespräch ist, könnte Bad Oldesloe treffen. Bürgermeister von Bary: "Das wäre die Krönung."