In der neuen Integrierten Gesamtschule in Buxtehude werden die Lehrer mit ihren Schülern individuelle Zielvereinbarungen abschließen

Buxtehude. Individuelles Lernen, Gemeinsamkeit, Selbstständigkeit - das sind die drei Schlagwörter, die sich die Integrierte Gesamtschule (IGS) Buxtehude auf die Fahnen geschrieben hat. Und noch viel mehr soll die neue Schulform ausmachen, die im kommenden Schuljahr mit dem ersten Jahrgang in den Räumen des Schulzentrums Nord an den Start gehen wird. Unverkrampft und mit Herzblut sollen Lehrer und Schüler den Unterricht für die Fünftklässler gestalten. Teamwork wird groß geschrieben, die Kinder werden im Lernen von den Lehrern angeleitet, helfen sich gegenseitig, und die Eltern stehen unterstützend zur Seite.

Zwei Tage lang hat die Planungsgruppe intensiv daran gearbeitet, dem pädagogischen Konzept der IGS den letzten Schliff zu geben. Was dabei herausgekommen ist, soll in den kommenden Wochen den Eltern und Schülern der vierten Klassen bei Informationsveranstaltungen in den Buxtehuder Grundschulen Rotkäppchenweg, Stieglitzweg und Altkloster sowie der Grundschule Jork vermittelt werden. Bei diesen Terminen hat das Planungsteam für Fragen, Anregungen und weitere Informationen ein offenes Ohr.

Die drei tragenden Säulen des pädagogischen Konzepts stellen die Lernbüros, der Projektunterricht sowie die Profilkurse dar. "Wir wollen das Lernbüro in allen drei Hauptfächern einrichten", sagt Claudia Seidler, Leiterin der Planungsgruppe und kommissarische Schulleiterin.

Das heißt, in Deutsch, Mathe und Englisch setzen sich die Kinder in Absprache mit den Lehrern Ziele, die sie erreichen wollen. An diesen Zielen arbeiten sie selbstständig von Montag bis Freitag in einer Doppelstunde, zusätzlich dazu gibt es in Englisch eine Stunde Kommunikationstraining und in Deutsch eine Lesestunde. "Wenn die Kinder in einem Thema das Ziel erreicht haben, schreiben sie einen Test", sagt Claudia Seidler.

Geleitet wird das Lernen in den Lernbüros anhand von sogenannten Kompetenzrastern, bei dem es sowohl um das Lernen in Gemeinschaft mit anderen Kindern als auch um individuelles Üben geht. Die Rolle des Lehrers ist dabei die des Lernbegleiters, der die Fortschritte der Schüler genau beobachtet und sie individuell berät. Diese Beratung wiederum stützt sich in der Theorie auf besagtes Kompetenzraster, zudem auf Checklisten, Zielvereinbarungen, Wochenplänen und Logbüchern, die die Lehrer und die Eltern regelmäßig abzeichnen müssen.

Die zweite Säule bildet der Projektunterricht, der sich auf fünf Projekte pro Schuljahr erstreckt, die jeweils sechs bis sieben Wochen dauern. Ein Block sind die Naturwissenschaften, ein weiterer die "informationstechnische Grundbildung", hinter der sich ein Computerführerschein verbirgt, ein dritter Block ist der Bereich Geschichte, Sozial- und Weltkunde sowie ein vierter Musik und Kultur.

In den Profilkursen wiederum, der dritten Säule des IGS-Konzepts, sollen die Schüler vertiefende Kompetenzen in einem besonderen Bereich erwerben. Für das kommende Schuljahr soll es Angebote wie Musical, Chor, Schwarzlicht-Theater, Forschen und Darstellendes Spiel geben. Nach den derzeitigen Planungen sollen sie am Nachmittag stattfinden, bevor die Schüler in die Arbeitsgemeinschaften gehen.

"Wir wollen, dass keines der Kinder auf der Strecke bleibt", sagt Claudia Seidler. Das beziehe sich aber nicht nur auf die eher schwächeren Schüler, sondern bedeute im Umkehrschluss auch, dass leistungsstarke Kinder besonders gefördert werden. Das kann beispielsweise in der Form geschehen, dass diese Kinder in den Lernbüros oder den Projekten mehr oder anspruchsvollere Aufgaben erledigen müssen und mehr Tests schreiben als die anderen. "Wir wollen definitiv eine Oberstufe aufbauen", sagt Claudia Seidler.

In den Vor-Abfragen an den Buxtehuder Grundschulen hatte sich gezeigt, dass die Eltern von Kindern mit Gymnasialempfehlung ihren Nachwuchs eher auf ein traditionelles Gymnasium schicken wollen und es vor allem Kinder mit einer Hauptschulempfehlung sind, die auf die IGS streben. Als problematisch stuft es Christoph Ischebeck, stellvertretender Leiter der Planungsgruppe, in diesem Zusammenhang ein, dass es in Buxtehude nun mal zwei seit langer Zeit existierende Gymnasien gebe. "Viele Eltern aus dem Süden fragen sich da natürlich, warum sie ihr Kind jetzt auf einmal in den Norden schicken sollen", sagt er. Aber wenn sich die IGS etabliert habe, lege sich das vielleicht.

Ein inhaltlicher Schwerpunkt ist für die Einrichtung bisher nicht vorgesehen. "So weit sind wir noch nicht", sagt Christoph Ischebeck. An Fremdsprachen sind neben Englisch von der fünften Klasse an Französisch und Spanisch von Klasse sechs oder sieben an geplant. Benotet wird die Leistung der Schüler bis einschließlich zur achten Klasse aber nicht. Stattdessen gibt es Lernentwicklungsberichte.

Bis zur achten Klasse werden alle Schüler zudem gemeinsam unterrichtet, das heißt, es gibt keine Unterscheidung zwischen Haupt- oder Realschüler und Gymnasiasten. "Vor allem sogenannte Spätzünder erhalten auf diese Weise eine Chance", sagt Claudia Seidler. Bisher ist geplant, dass es von der neunten Klasse an leistungsdifferenzierte Kurse in Mathe, Deutsch, Englisch und Naturwissenschaft gibt. In Klasse zehn beginnt dann für die Schüler, die Abitur machen wollen, die Einführungsphase in die Oberstufe, während diejenigen, die den Realschulabschluss erwerben wollen, von ihnen komplett getrennt unterrichtet werden.

"Kinder brauchen Futter", sagt Claudia Seidler. Wenn sie nicht dauerhaft im Unterricht beschäftigt seien, fangen sie an, sich zu langweilen und stören. Das Konzept der IGS sieht deshalb so gut wie keinen Frontalunterricht vor, stattdessen steht das selbstständige Arbeiten im Vordergrund. Nicht umsonst könnten die Integrierten Gesamtschulen in Deutschland den Erfolg für sich verbuchen, dass ihre Schüler am häufigsten den erweiterten Sekundarschulabschluss I erwerben, die Zugangsberechtigung zur Oberstufe und zum Abitur.

Weitere Informationen zur IGS Buxtehude, die genauen Termine der Informationsveranstaltungen an den Grundschulen sowie zum Anmeldeverfahren, das in der ersten Maiwoche beginnt, gibt es im Internet.

www.gesamtschule-buxtehude.de