Nach 17 Jahren des Leerstands soll noch in diesem Jahr ein Verbrauchermarkt an der Moisburger Straße in Buxtehude entstehen.

Buxtehude. Die sieben großen Buchstaben künden noch immer von längst vergangenen Zeiten. "Granini" steht, rot auf weiß und von weithin sichtbar, an der verlassenen Halle. Wer näher herantritt, erkennt jedoch, dass die Farben ausgeblichen sind. Schon lange hat hier kein Arbeiter mehr einen Fuß über die Schwelle gesetzt. Genau genommen seit 1994 nicht. Denn in diesem Jahr hat das für seine Fruchtsäfte bekannte Unternehmen die Produktion an der Moisburger Straße in Buxtehude eingestellt.

Seitdem ist es still geworden um die Fläche, die bereits seit dem 17. Jahrhundert als Gewerbe- und Industriestandort genutzt worden war. 17 Jahre brauchte die Stadt Buxtehude, um ihr wieder neues Leben einzuhauchen. Das Leben soll nun in Form eines Lidl-Marktes kommen. Auf der vorderen, rechten Hälfte des Grundstücks, wo jetzt die Hallen stehen, soll er gebaut werden. Den Bebauungsplan hat der Rat der Stadt jetzt abgesegnet. Parallel dazu sind auf dem hinteren Teil des Geländes Wohnhäuser geplant. Eine entsprechende Änderung des Flächennutzungsplans, der für das Gebiet bisher nur Gewerbe vorsieht, ist ebenfalls beschlossen worden.

Damit endet für das Filetstück im Stadtteil Altkloster eine jahrelange Planungsunsicherheit, was von den Politikern aller Parteien und der Stadtverwaltung mit großer Erleichterung aufgenommen wird. Schließlich ist der Standort, der gegenüber dem Mühlenteich liegt und eine direkte Anbindung an die Bundesstraße 73 hat, einfach zu wertvoll, um ihn brach liegen zu lassen.

Dafür spricht nicht zuletzt die Nutzung vergangener Tage: Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1926 hatte die Papierfabrik Winter an der Stelle ihren Firmensitz. Später kamen unter anderem Wagenbau Thomas und Karosserie- und Fahrzeugbau Brüning. Von 1954 an stand das Areal dann ganz im Zeichen der Getränke. Die Firmen Klindworth, Altländer Gold, Deutsche Granini und Eckes-Granini produzierten Obstbrände und Fruchtsäfte.

Boden des Grundstücks ist mit vielen Verunreinigungen belastet

In den 90er-Jahren, als die letzten Getränkekisten das Areal verließen, sah es dann zunächst so aus, als würde die Geschichte nahtlos weitererzählt werden können. Die Hanseatische Grundbesitz- und Vermögensgesellschaft (HGV) aus Stade sicherte sich 1999 das von der industriellen Nutzung mit vielen Verunreinigungen belastete Grundstück und wollte großflächigen Einzelhandel in Form des Kaufland-Warenhauses heranholen. "Die Stadt machte mit, weil alles besser erschien als Leerstand", blickt Buxtehudes Bürgermeister Jürgen Badur zurück.

Man schloss einen städtebaulichen Vertrag mit dem Investor, der der Stadt Buxtehude die Planungshoheit sicherte. Der Investor beauftragte ein Planungsbüro. Anfang der 2000er-Jahre wurde die Planung für das Grundstück schließlich eingeleitet, jedoch ging sie nur schleppend voran.

Mit dem Fairplay-Urteil mussten die Kaufland-Pläne auf Eis gelegt werden

Am Ende machte der sogenannte Fairplay-Prozess dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung und sorgte dafür, dass die Pläne nicht zum Abschluss kamen. Das Fairplay-Urteil besagte, dass die Stadt Buxtehude ein Warenhaus an anderer Stelle, nämlich den Plaza-Markt an der Konrad-Adenauer-Allee, genehmigen musste, den sie wiederum mit Blick auf den Einzelhandel in der Innenstadt verhindern wollte. Die Kaufland-Pläne an der Moisburger Straße mussten auf Eis gelegt werden. Nach planungsrechtlichen Grundsätzen sei es nämlich nicht mehr möglich gewesen, weiteren großflächigen Einzelhandel in Buxtehude zu realisieren, erklärt Badur. In Altkloster stand man wieder vor dem Nichts.

"Der Grundstückseigentümer hat dann gesagt, dass er doch eine Wohnbebauung möchte", erzählt Badur. Aufgrund der Bodenbelastung hatte er ursprünglich davon abgesehen. Die HGV stimmte zu, den Boden auszutauschen, was unter anderem Teil des Erschließungsvertrags ist. Auch die Einzelhandels-Pläne wurden neu aufgerollt. Diesmal war aber nicht mehr von Kaufland die Rede, sondern man backte kleinere Brötchen. Lidl sollte kommen, ein klassischer Nahversorger, den Altkloster dringend braucht.

Wichtig sei nun, dass die Baugenehmigung zügig erteilt werde, fährt Badur fort. Denn einen Makel hat das Areal: Es liegt in direkter Nähe zur Este und ist in Teilen hochwassergefährdet. Das gilt vor allem für die unbebauten Flächen, auf die später einmal Wohnungen kommen sollen. Auch wenn derzeit kein Bauverbot gilt, ist es nach Angaben der Buxtehuder Verwaltung sicher, dass es dazu kommen wird, wenn der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz die Überschwemmungsgebiete festlegt. In Buxtehude wird davon ausgegangen, dass es spätestens Ende 2013 soweit ist. Laut Badur wird Lidl davon aber nicht betroffen sein - zum einen, weil es sich um den höher liegenden Teil des Grundstücks handelt, der zudem schon bebaut ist, zum anderen, weil der Bauantrag bereits so gut wie gestellt ist.

Aber auch bei dem restlichen Gelände ist nicht alles verloren, denn Ausnahmeregelungen bei der Bebauung seien möglich. Es müssten dafür nur Ausgleichsflächen als Rückhalteraum für das Wasser geschaffen werden.