Schulleiter schreiben Protestbrief an Bürgermeister Rieckhof. Sie kritisieren das Vorhaben und fühlen sich übergangen.

Stade. Die Überlegungen der Stadt Stade und der Evangelischen Kirche, eine Grundschule in Trägerschaft der evangelischen Kirche einzurichten, stößt auf massive Kritik. Die Schulleiter der Stader Grundschulen und Elternvertreter haben sich in Protestschreiben an die Stadtverwaltung und an die Kirche gewendet. Sie kritisieren einmütig, nicht in die Planung mit einbezogen worden zu sein.

"Wir haben mit Sorge und Befremden aus der Zeitung entnehmen müssen, dass gravierende Einschnitte in der Stader Grundschullandschaft geplant sind", heißt es in einem dem Abendblatt vorliegenden Schreiben, das die Leiter von zwölf Stader Grundschulen an Bürgermeister Andreas Rieckhof gerichtet haben. "Für eine konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit ist ein offener Dialog unbedingt erforderlich", heißt es weiter in dem Brief.

Der Vorsitzende des Schulelternrats der Grundschule Am Burggraben, Kai-Uwe von Schoeller, bezeichnet die Informationspolitik der Verwaltung in einem Brief an den Bürgermeister als "beschämend". Betroffene, Eltern und Lehrer hätten erst durch die Presse von den Plänen der Stadt und der Kirche erfahren. Weder auf einer Stadtelternratssitzung Anfang Dezember, noch im öffentlichen Teil der Schulausschuss-Sitzung sei die Rede von diesen Plänen gewesen.

Auf eine direkte Nachfrage der Leiterin der Grundschule Am Burggraben, Cordula Wuttke habe der Erste Stadtrat Dirk Kraska keine definitive Aussage zum Standort der neuen Schule gemacht.

Nach Informationen des Abendblatts soll jedoch die Grundschule Am Burggaben der favorisierte Standort für die evangelische Schule sein. Die Grundschule in Campe sei die Alternative.

Laut von Schoeller befürchten die Eltern und Lehrer an der Schule, dass sie am Ende vor vollendete Tatsachen gestellt werden sollen und dass sie"kein Mitwirkungsrecht an einem tragfähigen Konzept" bekommen. Fraglich sei auch die Finanzierbarkeit des Projekts. Die Evangelische Kirche wolle, so von Schoeller, in den kommenden Jahren 30 weitere Schulen in Niedersachsen gründen. Angesichts knapper Kassen bleibe die Frage, wie dies finanziert werden solle.

Essei auch unerklärlich, warum gerade die Grundschule am Burggraben abgegeben werden solle. Diese hatte bei der Schulinspektion immerhin ein sehr gutes Ergebnis erzielt.

Rückendeckung bekommen Kirche und Stadt von Stefan Moritz, Erster Vorsitzender des Kreiselternrates. Er finde die Idee einer evangelischen Schule "vom Grundsatz her gut". Die Befürchtung, dass die Schule Am Burggraben zu einer Eliteschule werden könnte, teilt er nicht - ganz im Gegenteil: "Wir brauchen Eliten, die haben unser Land aufgebaut", sagt er zu dem Thema.

Die Ängste von Muslimen, dass ihre Kinder an dieser Schule ausgegrenzt werden könnten, kann er ebenfalls nicht nachvollziehen. "Die grenzen sich ja selber ab", behauptet Moritz.

Ganz anders Marc Rohde, Leiter der Grundschule in Campe. Er sieht das Schulprojekt überaus kritisch. "Die Schulen, die im Gespräch sind, haben beide einen hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund. Ich frage mich, warum ausgerechnet dort eine evangelische Schule entstehen soll", so der Schulleiter. Er glaubt, dass die Stadt mit der Übertragung der Schule auf die Kirche vor allem Kosten sparen will - "aber so tut sie es auf dem Rücken von sozial schwächeren Kindern."

Den Verdacht, dass es der Stadt vor allem um Einsparungen geht, teilt auch Kai-Uwe Schoeller. Denn in dem städtischen Konzept zur Haushaltskonsolidierung sind bereits 100 000 Euro eingeplant. Diese Summe soll durch die Abgabe des Betriebs einer der öffentlichen Schulen gespart werden und damit das Finanzloch im städtischen Haushalt stopfen helfen. "Das steht im Widerspruch zu der Behauptung, es gebe keine konkreten Pläne", sagt von Schoeller.