Die Gruppe aus CDU, FDP und Wählergemeinschaft bremst den Ausbau des Betreuungsangebots in der Hansestadt.

Stade. Schlechte Zeiten für Kleinkinder und ihre Eltern in Stade: Das Betreuungsangebot in der Hansestadt wird vorerst nicht ausgebaut. Die Gruppe aus CDU, FDP und Wählergemeinschaft (WG) lehnte die Zuschüsse für die Planungen der Lebenshilfe und des Stader Kirchenkreises in der nichtöffentlichen Sitzung des Verwaltungsausschusses ab.

Die Kirche will in dem leer stehenden Gemeindehaus St. Georg im Altländer Viertel ein Familienzentrum einrichten. Dazu zählen eine Kindergartengruppe mit 25 Plätzen und eine Krippe für15 Kinder mit Ganztagsbetrieb. Die Stadt soll die Betriebskosten mit jährlich 120 000 Euro bezuschussen, doch das lehnt die Gruppe ab.

Superintendent Thomas Kück ist höchst verwundert: "Das Konzept wurde gemeinsam mit der Stadt ausgearbeitet und vorher gab es kein Signal, dass es keine Zustimmung bekommt." Die Stadt würde beim Ausbau der Kinderbetreuung günstig davonkommen, schließlich finanziere die Kirche den Umbau des Gebäudes und übernehme den Großteil der laufenden Kosten. "Öffentliche Träger unterstützen wir mit 65 Prozent der Personalkosten. Das Projekt der Kirche ist für die Stadt günstiger", so Stades Erster Stadtrat Dirk Kraska.

Superintendent Kück hält aber nicht nur wegen finanzieller Aspekte, sondern auch aus inhaltlichen Gründen an dem Familienzentrum fest: "Das Konzept ist gut. Wir wollen im Altländer Viertel präsent sein." Der Bedarf an Betreuungsplätzen sei in Stade vorhanden. Eltern aus anderen Stadtteilen könnten ihre Kinder in die Krippe im zentral gelegenen Altländer Viertel geben. Die Mischung der Kinder würde den Stadtteil, der als problematisch gilt, fördern.

CDU-Ratsherr Hans-Herman Ott sieht das anders: "Wir wollen keinen Betreuungstourismus." Eltern sollten ihre Sprösslinge wohnungsnah unterbringen. Im Altländer Viertel gäbe es ausreichend Betreuungsangebote. Die Maxime der Stader Schulpolitik ("Kurze Beine, kurze Wege") solle auch für Kindergärten und Krippen gelten, so das Mitglied Verwaltungsausschuss: "Wir fordern ein Konzept von der Stadtverwaltung, das den genauen Betreuungsbedarf nach Stadtteilen ermittelt." Vorher werde die Gruppe keine Zuschüsse gewähren.

Obwohl der Bedarf für Krippen- und Kindergartenplätze in Ottenbeck bereits vom Stader Jugendamt ermittelt wurde und Ott diesen gegenüber dem Abendblatt bestätigt, lehnte die Gruppe auch die Unterstützung der Lebenshilfe ab: Ohne Konzept keine Entscheidung. Die Lebenshilfe will das Ottenbecker Kinderhaus für 275 000 Euro erweitern, um eine Krippe für 15 Kinder einzurichten. Die Stadt soll 85 000 Euro beim Anbau sowie jährlich 103 000 Euro der Personalkosten finanzieren.

"Wir sind über die Ablehnung überrascht und sehr enttäuscht", sagt Bärbel Hempel, Leiterin des Kinderhauses. Vier Kinder seien bereits für die Krippe angemeldet, die im Sommer kommenden Jahres eröffnet werde sollte. Doch daraus wird nichts: "Das Projekt ist ohne die Zuschüsse der Stadt nicht umsetzbar."

Hempel setzt auf weitere Beratungen der Politiker. Die Zeichen stehen nicht schlecht, denn Ott geht davon aus, dass noch in diesem Jahr eine zweite Entscheidung fallen könnte: "Wenn die Verwaltung zügig arbeitet und das Konzept vorlegt, beschließen wir erneut." Dann würde sich der CDU-Politiker durchaus für die Krippe der Lebenshilfe entscheiden. Die zeitliche Verzögerung liege in der Hand der Verwaltung.

Kai Holm von der SPD kritisiert das Verhalten der Gruppe: "Ich weiß nicht, was die Gruppe geritten hat." Die Haltung der Politiker sei gefährlich und zu kurz gedacht: "Das Konzept soll wie die Schulplanung aufgestellt werden. Das ist aber ein Denkfehler." Der Bedarf an Kindergärten und Krippen könne nicht nach Stadtteilen ermittelt werden, da es keine Kindergartenpflicht und -bezirke gibt. Die Gruppe suggeriere Planbarkeit, die es nicht gebe: "Das geforderte Konzept ist ein frommer Wunsch, aber unrealistisch." Holm hofft, dass öffentlicher Druck entstehe und die Vernunft siege: "Es darf keine Einsparungen auf Kosten des sozialen Bereichs geben."

Der Ausschuss für Kinder, Jugendhilfe und Soziales wird erneut über die beiden Projekte beraten.