Viele Eltern im Landkreis melden ihre Kinder lieber zur Gesamtschule an. Befragung im Ostkreis in diesem Herbst.

Stade. Sie gilt als Auslaufmodell und als Restschule. Die Hauptschule ist ein Synonym für Aussichtslosigkeit geworden. Auch im Landkreis Stade boykottieren viele Eltern die Schulform und melden ihre Kinder lieber nicht dort an. Die Anmeldezahlen sind drastisch gesunken.

"Eine Einführung einer Integrierten Gesamtschule (IGS) in Buxtehude wird das Ende der Hauptschulen beschleunigen", sagt der Leiter der Hauptschule Süd in Buxtehude. Lediglich der Rektor der Hauptschule Thuner Straße geht davon aus, dass ihm eine IGS in Stade größeren Zuspruch für seine Einrichtung bringt.

Dass die IGS in Stade im kommenden Sommer etabliert wird, ist schon beschlossene Sache. In Buxtehude steht die Elternbefragung im Herbst noch aus. Aber die Buxtehuder Stadtverwaltung und der Stadtrat haben sich bereits mehrheitlich für eine IGS in Buxtehude ausgesprochen (das Abendblatt berichtete).

Werner Sasse, Leiter der Hauptschule Thuner Straße in Stade, rechnet für 2010 mit steigenden Anmeldezahlen, da es neben der IGS dann nur noch eine Hauptschule in der Stadt gebe. "Diejenigen, die am Schulzentrum Hohenwedel nicht aufgenommen werden, kommen zu uns", ist Sasse überzeugt.

Sasse geht fest davon aus, dass am Hohenwedel weniger Kinder unterkommen, da in einer IGS Schüler mit Haupt-, Real- und Gymnasialempfehlung gemeinsam unterrichtet werden. Klassenverbände werden gemischt nach den Laufbahnempfehlungen angelegt. "Die Zukunft der Hauptschule Thuner Straße ist gesichert", sagt der 60-jährige.

Allein schon die Statistik der Anmeldezahlen in den vergangenen Jahren gibt dem Mann Recht. Seit 2007 schicken immer mehr Eltern ihre Kinder an seine Schule. Vor zwei Jahren gingen rund 240 Schüler in seine Einrichtung. In diesem Jahr sind es schon dreißig Schüler mehr. Sasse rechnet damit, dass die vier Unterrichtsräume, die bislang ungenutzt blieben, demnächst wieder mit Leben gefüllt werden.

In so eine rosige Zukunft kann Gerhard Gürtler, Leiter der Hauptschule Süd in Buxtehude, nicht blicken. In den vergangen drei Jahren sei die Schülerzahl von rund 300 auf 200 gesunken. Der 62-Jährige glaubt, dass die Hauptschule Süd nicht weiter existieren kann, sollte die IGS tatsächlich an der Hauptschule Nord etabliert werden.

Die Standortwahl für die IGS will Gürtler gar nicht anfechten. Dass die Hauptschule Nord als Standort für eine künftige IGS in Buxtehude favorisiert wird, findet er richtig. "Dort ist der Migrantenanteil deutlich höher. Deshalb wäre eine Gesamtschule an der Stelle besser."

Für seine Bildungsstätte bedeute das aber, dass sie ihre Selbstständigkeit nicht aufrechterhalten könne, sagt der Rektor. Gürtler glaubt nicht, dass die Eltern ihre Kinder aus dem Norden der Stadt auf die Hauptschule Süd schicken. "Es ist ja schöner zu sagen, mein Kind geht auf die Gesamtschule." Die Konsequenz sei, dass Haupt- und Realschule Süd zusammengefasst werden müssten. "Bis die Hauptschule eines Tages tot sein wird."

Auch Reimer Flügel, Leiter der Hauptschule Horneburg, glaubt, seine Anmeldezahlen nicht lange halten zu können. Ihm macht ebenso der allgemein schlechte Ruf der Hauptschulen zu schaffen. Vor zwei Jahren gingen noch rund 190 Schüler in seine Schule. Inzwischen seien es schon 50 Schüler weniger. Besonders bei den Neubürgern in Horneburg scheine es ein unausgesprochenes Gesetz zu geben, sagt der 59-Jährige. Das laute: "Mein Kind geht nicht zur Hauptschule."

Flügel geht allerdings nicht davon aus, dass sich die Gesamtschulen in den Städten auf Horneburg auswirkt. "Das würde bedeuten, dass die Eltern ihre Kinder von Horneburg nach Stade oder Buxtehude fahren müssten." Dennoch: Wegen der sinkenden Anmeldezahlen müsse der Rektor künftig vielleicht Kombiklassen einrichten. Das heißt: Fünft- und Sechstklässler müssten zum Beispiel gemeinsam unterrichtet werden. "Wenn ich in Pension gehe, werde ich womöglich das Licht ausknipsen."