Zwei Wochen früher als in den vergangenen Jahren ist die Wintergerste reif. Die Qualität ist gut, doch die Preise sind niedrig.

Oldendorf. Laut rattert der große Mähdrescher über das gold-gelb schimmernde Feld. Staub wird auf dem trockenen Acker zwischen Kaken und Brest bei Oldendorf aufgewirbelt. Das 6,60 Meter breite Schneidwerk hinterlässt ein Stoppelfeld. Stroh liegt in langen Bahnen zum Trocknen auf dem Boden. Die Ernte der Wintergerste hat begonnen. Knapp zwei Wochen früher als üblich sind die Mähdrescher im Landkreis Stade unterwegs. Vor allem auf sandigen Böden, etwa auf der Geest, hängen die Ähren runter - das Zeichen der Reife.

Schuld sind die hohen Temperaturen in den vergangenen Wochen, so Jens Rademacher, Referent für Getreide und Märkte beim Deutschen Bauernverband: "Es war heiß und gab wenig Niederschlag. Außerdem war es im April und Mai sehr trocken." Daher sei die Wintergerste bereits jetzt reif. Im März sah es hingegen noch nach einer Verzögerung aus: "Wir haben zunächst gedacht, dass die Ernte wegen des langen und harten Winters im Verzug ist."

Landwirt Klaus Waller verfolgt den 340 PS starken Mähdrescher kritisch. Lohnunternehmer Michael Behrens aus Heinbockel lenkt das schwere Gerät über das 5,5 Hektar große Feld und schüttet die Körner in den bereitgestellten Anhänger. Rund 2,5 Stunden braucht er für die Fläche. Ist die Wintergerste trocken genug? 15 Prozent Feuchtigkeit dürfen die Körner haben, sonst können sie nicht gelagert werden. Der Mähdrescher zeigt automatisch einen Wert von 17 Prozent an. Eigentlich zu nass, doch gleichzeitig ist da die Angst vor Wind und Gewitter. "Dann fallen die Körner aus den Ähren raus und die Ernte ist hin", sagt Waller.

Noch mehr Sorgen bereiten dem Landwirt aus Brobergen allerdings die Getreidepreise. Die seien in diesem Jahr besonders schlecht. Derzeit werden für den Doppelzentner Wintergerste neun bis zehn Euro gezahlt. Im vergangen Jahr waren es noch 18 Euro, sagt Beratungsringleiter Rolf Hahn von der Landwirtschaftskammer: "Das war aber eine Ausnahme. Die Preise waren 2008 extrem hoch." Wegen der weltweiten Rohstoffknappheit und der guten Erträge seien die Erlöse in die Höhe geschnellt. Durchschnittlich hätten die Bauern in den vergangenen Jahren 13 bis 14 Euro pro Doppelzentner Wintergerste bekommen.

"Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Bauern erreicht", sagt Rademacher. Die globale Getreidenachfrage sei zurückgegangen. Obwohl lediglich eine Minderheit des deutschen Getreides exportiert werde, wären die globalen Folgen der Krise zu spüren. "Länder wie China und Indien zum Beispiel haben ihre Essgewohnheiten in den vergangenen Jahren geändert, vermehrt Fleisch gegessen und Milch getrunken. Das Futter für die Tiere kam auch aus Deutschland." Das gehe jetzt zurück und treffe die hiesigen Bauern.

Zudem seien wegen der überdurchschnittlich guten Ernte 2008 einige Lager noch gefüllt. Das drücke ebenfalls den Preis, so der Referent.

Doch auch die durchschnittlichen Preise von 13 bis 14 Euro pro Doppelzentner für Wintergerste reichen laut Rademacher nicht aus, um die Betriebe wirtschaftlich führen zu können. Lediglich im vergangenen Jahr seien die Erlöse gewinnbringend gewesen. Gleichzeitig seien die Kosten für Düngemittel sprunghaft gestiegen."Ohne Subventionen könnten die Landwirte ihre Betriebe nicht führen. Sonst wäre das ein Minusgeschäft", so Rademacher. Würde die Unterstützung wegfallen, müssten die Lebensmittelkosten für die Verbraucher steigen.

Immerhin werden die erwarteten Erträge durchschnittlich sein, sagt Franz Stolte, Leiter der Landwirtschaftskammer in Stade: "Auf den saftigen Böden ist die Ernte gut und liegt im Durchschnitt. Insgesamt werden die Erträge aber sehr unterschiedlich sein." Die Prognose fällt für sandige Felder schlecht aus. Diese Böden könnten den Regen, der ohnehin wenig gefallen sei, nicht lange speichern.

Nun setzen die Landwirte wie etwa Bauer Waller ihre Hoffnungen auf den Weizen. Die Sorte sei das wichtigste Getreide, so Stolte. "Die Preise stehen jedoch noch nicht fest", sagt der Landwirtschaftskammerleiter. Zunächst müsste die Ernte eingeholt werden. Vom 10. August an sind dann die Mähdrescher auf diesen Feldern unterwegs.