Spitzenpolitiker werben um Stimmen für Entscheidung am 6. Mai in Schleswig-Holstein. Die SPD startet mit Frank-Walter Steinmeier in den Wahlkampf.

Kiel. Die Parteien in Schleswig-Holstein laufen sich für die Landtagswahl in knapp vier Monaten warm. Gestern legte die SPD in Kiel mit Bundestags-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier vor. Am Freitag ziehen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Grünen-Chef Cem Özdemir in der Landeshauptstadt nach, um ihren Parteifreunden vor der einzigen Wahl im Jahr 2012 den Rücken zu stärken und erste Pflöcke für die Bundestagswahl 2013 einzuschlagen.

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Steinmeier versprühte wie erwartet Zuversicht. "Ich sehe optimistisch auf die Wahl und mit Torsten Albig den neuen Ministerpräsidenten schon vor mir", sagte er. Albig, Oberbürgermeister von Kiel und Spitzenkandidat der SPD, lächelte freundlich. Beide kennen und schätzen sich seit den Berliner Jahren, in denen Albig dem damaligen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück als Pressesprecher diente.

Die einfache Botschaft der SPD zur Wahl am 6. Mai brachte Landespartei- und Fraktionschef Ralf Stegner am Rande des Neujahrsempfangs mit 400 Gästen am Abend auf den Punkt: Schwarz-Gelb sei am Ende, sowohl in der Landeshauptstadt Kiel als auch in Berlin.

Ihr Selbstbewusstsein schöpfen die Genossen aus Umfragen, in denen die SPD in Schleswig-Holstein mit gut 30 Prozent gleichauf mit der CDU liegt und zusammen mit den Grünen oder notfalls auch dem SSW an der Förde regieren könnte. Im Landeshaus erinnern SPD-Politiker allerdings daran, dass die Partei die Wahl noch nicht gewonnen habe und es einige Fallgruben gebe.

So hat Albig bisher kaum Akzente gesetzt und Stegner fast vollständig das politische Feld überlassen. Wie belastbar das Tandem ist und in welche Richtung es fährt, wird sich erst Anfang Februar entscheiden, wenn die Nord-SPD auf einem Parteitag in Lübeck ihr Wahlprogramm beschließt. Stargast in der Hansestadt ist dann SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel.

Die CDU, die ihren Spitzenkandidaten Christian von Boetticher im Sommer kippte und Wirtschaftsminister Jost de Jager auf den Thron hob, leidet derzeit unter der Affäre um den Bundespräsidenten und hofft auf ein Ende der Pechsträhne. Am Freitag, vor der Sitzung des CDU-Bundesvorstands in Kiel, wollen Merkel und fünf Bundesminister in ebenso vielen Orten Schleswig-Holsteins in einer "Aufwärmaktion" versuchen, die eigenen Parteigänger aufzumuntern. An der Basis fürchten viele, dass mit dem Auszug von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (seit 2005) aus der Staatskanzlei die Regentschaft der CDU im Norden endet. Verantwortlich dafür ist vor allem der Absturz der FDP, des seit Jahren erklärten Wunschpartners der Union.

De Jager bemüht sich daher um eine neue Machtoption, ein Bündnis mit den Grünen. In der Finanzpolitik, mit der die Zukunft des überschuldeten Bundeslandes steht oder fällt, liegen beide Parteien zwar dicht beieinander, in anderen Bereichen wie etwa der Schulpolitik oder erst recht der Verkehrspolitik sind die Gräben aber umso tiefer. Im Landeshaus hoffen CDU-Politiker, dass die Union am 6. Mai zumindest knapp vor der SPD liegt.

Die CDU könnte damit im (Not)-Fall einer Großen Koalition den Posten des Regierungschefs beanspruchen. Gefahr droht der CDU auch im Wahlkampf. Sie beharrt als inzwischen letzte Partei auf den harten Kürzungskurs in den Schulen, fürchtet aber, dass sie bei einer populären Kurskorrektur ihr Markenzeichen als Sparpartei verliert. Die Grünen, die in den Umfragen bei 15 Prozent liegen und ohne Koalitionsaussage in die Wahl ziehen, quälen derweil andere Sorgen. Auf dem Parteitag, den Özdemir am Freitag eröffnet, dürfte es einen harten Kampf um die Landesliste geben. Um die ersten zehn Listenplätze, die ein Mandat im Landtag (7000 Euro brutto im Monat) versprechen, bewerben sich mehr als 30 Kandidaten, darunter alle Leistungsträger aus der Landtagsfraktion.

Als gesetzt gelten nur die beiden Spitzenplätze. Die Liste anführen dürfte die Finanzexpertin Monika Heinold, gefolgt von Fraktionschef Robert Habeck. Der Philosoph, formal die Nummer zwei, soll gleichwohl nach dem Willen der Grünen öffentlich als Spitzenkandidat auftreten. Ein Selbstgänger ist der Wahlkampf auch für die Ökopartei nicht. Die Piraten mit der früheren Bundesvorsitzenden der Grünen, Angelika Beer, sitzen der Ökopartei im Nacken, und im Landeshaus wächst zudem bei einigen Grünen die Sorge, dass Habeck die möglichen Koalitionspartner SPD und CDU zu lange gegeneinander ausspielen und die beiden Parteien so in eine Große Koalition treiben könnte.

Für die FDP geht es ums nackte Überleben. Fraktionschef Wolfgang Kubicki, der die FDP 1992 in den Landtag zurückführte, will die Liberalen über die Fünf-Prozent-Hürde hieven. Er setzt - bis auf Weiteres - auch auf die Bundes-FDP. Zum Neujahrsempfang Ende Januar in Kiel ist Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle eingeladen.