Weniger Tage, weniger Stunden: Einkaufsmöglichkeiten in Schleswig-Holsteins Tourismusorten werden an Sonn- und Feiertagen weiter reduziert.

Kiel. Weniger Tage, weniger Stunden: In den Badeorten Schleswig-Holsteins werden die Läden in Zukunft deutlich seltener geöffnet haben. Der Tourismusverband Schleswig-Holstein (TVSH), der den Kompromiss mit erarbeitet hat, sprach am Mittwoch von "schmerzlichen Einschränkungen". "Leider war es nicht möglich, den Februar und Teile von Januar und März zu retten", sagte der TVSH-Vorsitzende Jörn Klimant. Bislang können die Geschäfte in der Zeit vom 15. Dezember bis zum 31. Oktober an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 19 Uhr öffnen. Ab dem kommenden Dezember ist das Einkaufen nur noch in der Zeit vom 17. Dezember bis zum 8. Januar und vom 15. März bis zum 31. Oktober möglich - und dann auch nur für sechs Stunden, die in dem Zeitfenster zwischen 11 und 19 Uhr liegen müssen.

Dem Kompromiss waren harte Verhandlungen im Wirtschaftsministerium vorangegangen. Die evangelische und die katholische Kirche, die die Gespräche über eine neue Bäderverordnung ins Rollen gebracht hatten, wollten ursprünglich die Zahl der Einkaufs-Sonntage noch weiter reduzieren. Für sie geht es um etwas Grundsätzliches. "Wir wollen den Sonntag als Tag der Ruhe und Besinnung schützen", sagte Mathias Benkert, Pressesprecher der Nordkirche. "Das ist ein kulturelles Gut, das wir bewahren."

Die derzeit geltende Regelung, 2008 noch von der CDU/SPD-Koalition verabschiedet, war den Kirchen von Anfang an ein Dorn im Auge. Doch Verhandlungen mit der dann folgenden CDU/FDP-Koalition blieben ohne Erfolg. "Ein tragfähiger Kompromiss war nicht zu erzielen", sagt Benkert. Deswegen hatten die Kirchen im Oktober 2011 einen Normenkontrollantrag vorm Oberverwaltungsgericht gestellt. Diesen wollen sie nun zurücknehmen, wenn der jetzt vereinbarte Kompromiss in eine neue Bäderverordnung mündet. Das ist Teil des Kompromisses.

Einige Details der neuen Bäderordnung sind allerdings weiterhin unklar. Bislang haben sich die Gesprächspartner nur auf die Eckpunkte geeinigt. Von den Tourismusdirektoren an Ost- und Westküste war deshalb am Mittwoch auch keine Stellungnahme zu der für sie wichtigen Neuregelung zu bekommen. In Tourismuskreisen wird befürchtet, dass der Kompromiss noch in Gefahr geraten könnte. Die Kurdirektoren wollen auf jeden Fall verhindern, dass in Schleswig-Holstein das passiert, was in Mecklenburg-Vorpommern geschehen ist. Dort hatte das Oberverwaltungsgericht Greifswald den Bädern in einem Urteil von 2010 ein viel engeres Korsett angelegt: Ladenöffnung sonntags nur von 13 bis 18 Uhr, und das auch nur in der Zeit vom letzten Märzsonntag bis Ende Oktober.

In Schleswig-Holstein wird es nun in den kommenden zehn Jahren - auf diese Laufzeit hat man verständigt - etwas kundenfreundlicher aussehen. Allerdings gibt es auch Sortimentsbeschränkungen. Möbelhäuser, Autohäuser, Bau- und Elektronikmärkte müssen vermutlich schließen. Dazu soll noch eine sogenannte Negativliste erarbeitet werden. Ansonsten dürfen nur Waren des "täglichen Ge- und Verbrauchs", insbesondere aber Waren des "touristischen Bedarfs" angeboten werden. Dazu gehören zum Beispiel Bikinis, Strandspielzeug und Souvenirs, aber auch Mode, Lebensmittel und Kosmetika.

Die katholische und die evangelische Kirche äußerten sich in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Der evangelische Bischofsbevollmächtigte im Sprengel Schleswig und Holstein, Gothart Magaard, bezeichnet die Eckpunkte als einen vertretbaren Kompromiss. "Wir haben uns für einen Ausgleich eingesetzt zwischen dem im Grundgesetz verankerten Sonntagsschutz und den wirtschaftlichen Interessen im Urlaubsland Schleswig-Holstein."

Die Leiterin des katholischen Büros Schleswig-Holstein, Beate Bäumer, sagte: "Dass es trotz aller Zugeständnisse gelungen ist, wichtige Einschränkungen zu erreichen, ist die gute Nachricht." Der Sonntag sei als Freiraum für gemeinsam genutzte Zeit von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Schleswig-Holstein bleibe auch mit der neuen Bäderverordnung ein gastfreundliches Land.

Landwirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) begrüßte die Einigung, an der er maßgeblich mitgewirkt hatte. "Alle Beteiligten sind jeweils einen großen Schritt aufeinander zugegangen", sagte er. Es seien sowohl die Interessen der Wirtschaft und des Tourismus sowie die der Kirchen und der Gewerkschaften berücksichtigt worden.

In der Politik stießen die Eckwerte auf ein unterschiedliches Echo. Kritik kam von der FDP. Oliver Kumbartzky, tourismuspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion, sagte: "Wir hätten uns eine liberalere Regelung gewünscht. Wir hoffen, dass sich die negativen Auswirkungen für das Urlaubs- und Wirtschaftsland Schleswig-Holstein in Grenzen halten werden." Peter Eichstädt von der SPD-Fraktion fand lobende Worte für den Kompromiss. "Was die schwarz-gelbe Landesregierung in den misslungenen Verhandlungen an die Wand gefahren hat, hat unser Wirtschaftsminister jetzt zu einem guten Ende gebracht", sagte er.

Insgeheim jubilieren kann der Tourismusstandort Helgoland. Für die Nordseeinsel, die zum Kreis Pinneberg gehört, gibt es einen Extraparagrafen, der vermutlich nicht verändert wird. Danach können auf dem roten Felsen zwischen dem 15. Dezember und dem 31. Oktober die Läden von 8 bis 20 Uhr öffnen.