Die Pinneberger Zeitung sprach mit Wedels Trainer Rainer Junge, der als Aktiver des VfL Pinneberg einst gegen den früheren Reck-Weltmeister und dreifachen Europameister Eberhard Gienger antrat.

Pinneberger Zeitung:

Herr Junge, bei aller Freude und allem Stolz über den Aufstieg: Bundesliga heißt zunächst, dass Sie Klinken putzen und betteln müssen, um Geld zu beschaffen.

Rainer Junge, als Turner des VfL Pinneberg vor Jahrzehnten schon Gegner von Eberhard Gienger, trainiert seit einer Ewigkeit, inzwischen auch in Wedel:

Ja, das müssen wir wohl. Vielleicht finden wir ja einen Sponsor mit einem Herz fürs Turnen. Wir haben da einige Mütter in der Abteilung, die sich darum kümmern werden

Pinneberger Zeitung:

Was kostet denn eine Saison in der 1. Bundesliga?

Junge:

Wir Turner sind noch bescheidene Amateure, jedenfalls was das Geld betrifft. Mit rund 2000 Euro sind wir dabei.

Pinneberger Zeitung:

Deckt das überhaupt die Reisekosten?

Junge:

Wir werden, wie auch schon in der 2. Bundesliga, einen Kleinbus mieten. Den fahre ich und spendiere wohl auch noch eine Tankfüllung. Alexander Palnau nimmt den Rest der Mannschaft im Privatauto mit. Bei drei Wettkampftagen kommen noch drei Übernachtungen für die Mädchen dazu. Was die Reisekosten betrifft, kommt uns die 1. Bundesliga nicht teurer zu stehen als die tiefere Klasse. In beiden Ligen werden die Wettkämpfe am selben Wochenende in derselben Halle ausgetragen.

Pinneberger Zeitung:

Aber müssen Sie nicht Verstärkung von einer der großen osteuropäischen Turnnationen holen?

Junge:

Mit dem Aufstieg haben wir uns alle einen großen Traum erfüllt. Aber wir bleiben, was Planung und Zielsetzung betrifft, auf dem Boden.

Pinneberger Zeitung:

Was heißt das genau?

Junge:

Dass wir am Ende glücklich und zufrieden wären, wenn wir als Vorletzter noch eine Chance im Relegations-Wettbewerb bekämen. Unsere Mädchen trainieren etwa 15 Stunden in der Woche. In der 1. Bundesliga gehören ihre Konkurrentinnen allerdings fast überwiegend Turn-Internaten an. Die trainieren dort 40 Stunden in der Woche.

Pinneberger Zeitung:

Anna Czisar, ihre Beste, kommt aus Ungarn und trainiert zur Zeit in Viborg in Dänemark, wo sie auch zur Schule geht . . .

Junge:

. . . und sich auf das dänische Abitur vorbereitet. Sie lernt übrigens intensiv deutsch, denn wir wollen versuchen, sie im Sommer für ein Jahr nach Wedel zu holen. Sie könnte bei uns auch noch das deutsche Abitur ablegen. Damit wäre sie sozusagen für Europa gerüstet.

Pinneberger Zeitung:

Werden die Interessierten des Geräteturnens in Wedel und Hamburg denn die Duelle in der 1. Bundesliga zu sehen bekommen?

Junge:

Nein, im Jahr 2010 wird bei uns kein Wettkampf stattfinden. Wir feiern die Bundesliga-Premiere am 27. März in Köln.

Interview: Norbert Scheid