Menschen des Jahres: Der 74-jährige pensionierte Polizist Klaus Seyfert hat sich im Rathaus um Pinneberg verdient gemacht.

Pinneberg. In die offizielle Ahnengalerie der Pinneberger Bürgermeister, die als gemalte Porträts den Flur vor dem Ratssaal schmücken, wird es Klaus Seyfert nie schaffen. Schließlich ist der 74 Jahre alte Erste Stadtrat "nur" Interimschef der Verwaltung der Kreisstadt. Manch Pinneberger jedoch wird dem pensionierten Polizisten für dessen Einsatz als Feuerwehrmann ein Denkmal setzen wollen. Anfang Juni war Seyfert, auch für ihn überraschend, vom Ruheständler und Freizeit-Politiker zum Vollzeit-Verwaltungsleiter mutiert. Bürgermeisterin Kristin Alheit, SPD, hatte mitten in ihrer Amtszeit ihren Abschied vom Bürgermeisteramt erklärt, um schleswig-holsteinische Sozialministerin im Kabinett von Torsten Albig zu werden. Klaus Seyfert, offizieller Stellvertreter Alheits, musste von heute auf morgen ran. "Für die Stadt ist die Situation alles andere als gut", sagte der CDU-Politiker seinerzeit.

Heute, annähernd sieben Monate später, sagt Seyfert im Gespräch mit dem Abendblatt auf die Frage, ob er sich wieder zur Verfügung stellen würde: "Es war anstrengend, aber ich würde es natürlich sofort wiedermachen, mit 100-prozentiger Sicherheit." Der frühere Leiter des Polizeireviers Pinneberg sagt über sich, er stehe für Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit. Seyfert hatte im Sommer schnell erkannt, dass auf ihn ein Fulltime-Job zukommt. Er sollte recht behalten. "Ich war oft von morgens bis spätabends nach den Sitzungen nicht zu Hause", so der 74-Jährige. Das alles für eine monetäre Entschädigung von 80 Euro am Tag, die ihm die Mitglieder des Hauptausschusses zugebilligt hatten, nachdem feststand, dass der Christdemokrat auf Monate gesehen die Leitung der Verwaltung übernimmt.

Seyfert begriff sich nicht als Urlaubsvertretung. Er arbeitete sich schnell und akribisch in wichtige Projekte ein. Und davon gab und gibt es einige. Unter seiner Federführung schlüpfte Pinnebergs als erste Kommune des Landes unter den sogenannten Rettungsschirm und verpflichtete sich vertraglich zur Haushaltskonsolidierung. Seyfert vertrat von Amts wegen die Belange der Stadt vor dem Verwaltungsgericht beim Rechtsstreit um den Bau der Westumgehung, verhandelte im Namen der Stadt mit Investoren. In seine Amtszeit fiel die Premiere des allseits positiv bewerteten vierwöchigen Weihnachtsmarktes vor der Drostei. Und schließlich verantwortete Seyfert die Wahl seiner Nachfolgerin. Am 9. Januar soll die parteilose Urte Steinberg, die die Direktwahl im November klar für sich entschieden hatte, durch den Rat für sechs Jahre als Bürgermeisterin verpflichtet werden. "Ich bin dann noch nicht weg", sagt Seyfert. Er hat zugesagt, Urte Steinberg ausreichend ins Amt einzuarbeiten - was ihm selbst im Sommer nicht vergönnt war.

Als er das Zepter übernahm, hatte der Christdemokrat einen im Vergleich zu Kristin Alheit ganz anderen Führungsstil angekündigt. "Ich halte nichts von ellenlangen E-Mails, die hin und her geschickt werden. Wirklich wichtig ist der direkte Kontakt zu den Mitarbeitern", sagt der Noch-Bürgermeister. Er hat offenbar einen guten Draht zu vielen Mitarbeitern der Stadtverwaltung bekommen. Immer wieder ist von ihnen zu hören, Seyfert habe die Dinge angepackt, habe geregelt, was vorher zu lange aufgeschoben worden sei. Klaus Seyfert bricht seinerseits eine Lanze für "seine" Verwaltung: "Es wird viel auf diese Verwaltung geschimpft. Aber die Zusammenarbeit mit den Kollegen, ihr Engagement, ist für mich großartig." Er nehme vor allem das gute Gefühl mit, das ihm von den Mitarbeitern Vertrauen entgegengebracht worden sei. Er wünscht sich für die Zukunft, dass nicht immer so lange geredet, sondern gehandelt werde: "Das ewige Zaudern und Zögern lässt nur die Selbstzweifel immer größer werden."

"Meine Frau hat das alles mitgetragen, sonst wäre es nicht gegangen", bedankt sich Seyfert. "Wir werden uns ein, zwei Wochen gönnen, um wieder zu Kräften zu kommen und zu uns zu finden." Danach ist es mit dem Ruhestand wieder vorbei: Als Parteipolitiker kündigt der 74-Jährige an, bei der Kommunalwahl im Mai wieder für die CDU Pinneberg anzutreten: "Ich bleibe dabei. Es können nicht alle erfahrenen Leute von Bord gehen."