Eine Lebensaufgabe: Meeresbiologin ist seit 1978 in der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere weltweit aktiv.

Quickborn. Der Schutz der Wale, Delfine und Robben ist seit vier Jahrzehnten ihre große Leidenschaft. 1978 gründete Petra Deimer die Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere (GSM), die seit 20 Jahren ihren Sitz in Quickborn hat. Die Meeresbiologin hat sieben Bücher über Wale geschrieben. Sie sammelte Unterschriften gegen den Walfang und gehörte der deutschen Delegation von CITES an, jenem Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen, das 1980 den Handel mit Pott-, Finn-, Sei- und Blauwalen verbannte. Sie ist seit 1991 Beraterin von ASCOBANS, dem Abkommen zum Erhalt von Kleinwalen in Nord- und Ostsee, dem mit Deutschland zehn europäische Küstenländer angehören. Vor zwei Wochen nahm Petra Deimer an der Konferenz zum Schutz von Schweinswalen und Seevögeln teil, zu der Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck Fischer und Naturschützer einlud. "Der Schweinswal ist akut vom Aussterben bedroht", warnt Petra Deimer.

Diese Aussage bestätigen die Zahlen aus dem Ministerium. So ist der Bestand der mit 1,60 Meter Länge kleinsten Walart in der westlichen Ostsee seit Mitte der 90er-Jahre um zwei Drittel zurückgegangen. "Als wichtigste unnatürliche Todesursache für Schweinswale gelten Stellnetze", so Minister Habeck. Die Wale verheddern sich in diesen Stellnetzen und können nicht wieder an die Meersoberfläche, beschreibt Deimer deren Todeskampf. Die Meeressäuger ersticken, sind toter Beifang und würden meist von den Fischern wieder über Bord geworfen. Ihre Gesellschaft dokumentiert seit 2002 dieses Aussterben der Schweinswale. Seeleute sind aufgerufen, alle lebenden und toten Tiere zu melden, die sie sehen. "Das sind jedes Jahr zwischen 110 und 170 tote Schweinswale."

Die Zahlen seien wissenschaftlich belegt. Statistische Berechnungen sorgen dafür, dass kein Tier und kein Kadaver doppelt gezählt wird. Gleichwohl musste sie sich auf der Fachtagung in Eckernförde von den Fischern beschimpfen lassen, dass diese Zählmethode "Quatsch" sei. "Die Fischer reagierten nur aggressiv und hysterisch. Die ganze Veranstaltung war ein Eklat."

Dabei könnte der einzigen heimischen Walart in Nord- und Ostsee relativ schnell geholfen werden, ist die Meeresbiologin überzeugt. Statt ihrer Stellnetze könnten die Fischer Bundgarnnetze einsetzen, die nach oben hin offen sind und den aus Versehen gefangenen Walen die Möglichkeit zum Atmen ließen. Auch große Angeln wären eine Alternative. "Das erhielte die Fischbestände", sagt Petra Deimer. Der Fisch schmecke besser und lasse sich teurer verkaufen.

Ihr Schlüsselerlebnis hatte die Walschützerin 1976 auf Madeira. Dort forschte die Hasloherin für ihre Diplomarbeit über die Beckenknochen des Pottwals und kam dort mit den Walfängern in Kontakt. Sie fuhr mit ihnen raus auf See zum Walfang. "Das Abstechen dieser tollen Tiere war grauenhaft. Ich konnte nachts nicht mehr schlafen", erinnert sie sich. Diese Erfahrung war so abstoßend für sie, dass sie sich fortan dem Schutz der Wale verschrieb.

Das Datenmaterial ist alarmierend. So sank die Zahl fast aller Walarten durch den industriellen Walfang in den Weltmeeren von 1909 bis 1980 um 90 Prozent, der des Blauwals von 250.000 auf nur noch 10.000 Tiere. Ohne das internationale Walfangabkommen wäre diese Tierart wohl heute ausgerottet. Seitdem haben sich Bestände wieder auf etwa 20.000 Tiere erholt. Dennoch betreiben Japan, Norwegen und Island weiterhin Walfang.

Neben der Fischerei bedroht die Verschmutzung der Meere die Spezies vor allem durch Plastikmüll, die Schifffahrt und der Unterwasserlärm durch Sonare, seismische Messungen für Erdölbohrungen und das Rammen der Offshore-Windparkmasten. Deimer: "Schweinswale bekommen davon einen Hörschaden. Dabei orientieren sich diese Tiere vor allem über akustische Sinneswahrnehmungen."

Mit bald 65 Jahren will sie kürzer treten. Der Verein GSM mit seinen 100 europaweiten Mitgliedern werde sich demnächst in die Organisation Deep Wave eines befreundeten Wissenschaftlers in Hamburg auflösen. Die Dokumentation der gesichteten Schweinswale in der Ostsee hat die Uni Stralsund übernommen. "Aber meine Aufgaben als wissenschaftliche Beraterin für den Schutz der Wale gebe ich nicht auf", sagt Petra Deimer. Der Erhalt der Meeressäuger ist zu ihrer Lebensaufgabe geworden.