Seit zehn Jahren macht der DFB-Stützpunkt Pinneberg talentierte Kinder und Jugendliche aus der Region fit für eine Profi-Karriere.

Pinneberg. Wenn heute Abend um 20.30 Uhr in Amsterdam das Test- Länderspiel Niederlande gegen Deutschland angepfiffen wird, sitzen wieder Millionen Fans des DFB-Teams vor den Bildschirmen. Dann wird je nach Spielverlauf in deutschen Wohnzimmern und Gaststätten gejubelt, geflucht, auf den Schiedsrichter geschimpft, vor allem aber die Leistungen der Spieler im Trikot mit dem Adler auf der Brust mit Argusaugen beobachtet.

Besonders aufmerksam zuschauen wird allerdings eine Gruppe junger Pinneberger. Sie dürfen sich berechtigte Hoffnungen machen dürfen, selbst einmal im DFB-Dress aufzulaufen. Wovon fast alle Jungen und auch immer mehr Mädchen träumen, könnte für 50 Kinder und Jugendliche der Jahrgänge 1998 bis 2001 aus dem Kreis Pinneberg und den angrenzenden Hamburger Randbezirken bald Realität werden. Seit zehn Jahren betreibt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in Pinneberg einen Stützpunkt, in dem Talente in Ergänzung zum Training in ihren Klubs fit gemacht werden für eine spätere Laufbahn als Vertrags- oder sogar als Nationalspieler.

Der DFB-Stützpunkt Pinneberg wurde wie viele andere der 360 Einrichtungen in ganz Deutschland gegründet, nachdem die Nationalmannschaft bei der Fußball-Europameisterschaft 2000 so verheerend abgeschnitten hatte. Mann der ersten Stunde ist Stephan Kerber. Seit zehn Jahren betreut er als einer von 29 hauptamtlich beschäftigten Stützpunktkoordinatoren den Großraum Hamburg und ist damit auch für den Kreis Pinneberg zuständig. Assistiert wird der 41 Jahre alte Hamburger von A-Lizenztrainer Papa N’Diaye (vormals Rasensport Elmshorn), der ebenfalls seit den Anfängen dabei ist, B-Lizenz-Inhaber Thorsten Lüneburg (TSV Uetersen), der es mit kurzen Unterbrechungen ebenfalls seit fast neun Jahren im Stützpunkt bringt, und von A-Lizenz-Trainer Lewe Timm, der vor knapp fünf Jahren dazu stieß.

Trainiert wird montags, von Frühjahr bis Herbst auf der Anlage des SC Pinneberg (An der Raa), in der dunklen Jahreszeit in der Halle der Theodor-Heuss-Schule. Auf dem Parkett geht es dann hoch her. Dribbeln, passen, schießen, köpfen – in all diesen Disziplinen versuchen sich die Talente der Region beim Stützpunkttraining ebenso wie im taktischen Bereich noch zu verbessern. Dazu gibt es immer wieder Tipps und Lob vom Trainer-Trio. „Kopf hoch!“, „Schieß!“, „Spiel ab!, „Schöner Pass“, „Gut gemacht“.

Wille, Beharrlichkeit und Beständigkeit sind laut Stephan Kerber die Tugenden, die die DFB-Kampagne den potenziellen Profis von morgen vermitteln möchte. Gleich der erste im Stützpunkt betreute Jahrgang (1991) brachte mit Jan Lüneburg (FC Elmshorn/Oberliga) und Len Strömer (jetzt Flensburg 08/Schleswig-Holstein-Liga) zwei Talente hervor, die ihren Weg im Amateurfußball machten.

Noch weiter brachte es später Manuel Farrona Pulido (Jahrgang 1993) vom TuS Hemdingen-Bilsen. Der 19 Jahre alte Stürmer bestritt 35 Spiele für die Hamburger Auswahl, erzielte dabei 18 Tore und empfahl sich damit für Einsätze in der Junioren-Nationalmannschaft. Zudem schaffte er den Sprung in die zweite Mannschaft des HSV (Regionalliga Nord). Eine Vergangenheit im Pinneberger DFB-Stützpunkt hat auch Hanno Behrens, 22. „Er hat es damals aufgrund von Wachstumsproblemen zunächst nicht in die Auswahlmannschaft geschafft“, sagt Kerber. Dank Beharrlichkeit und Wettkampfresistenz habe der Elmshorner dann aber doch einen Profivertrag beim HSV erhalten. Aktuell spielt er beim SV Darmstadt 98 in der 3. Liga.

Mindestens ebenso weit bringen möchten es auch diejenigen, die jetzt in Pinneberg trainieren. Zu ihnen gehört Borussia-Mönchengladbach-Fan Daniel Hugenbusch, 12, vom SC Nienstedten. Der Mittelfeldspieler kam schon als Vierjähriger zum Fußball. „Meine Eltern fanden, dass ich schnell und gut am Ball war.“ Auf dem linken Flügel wirbelt der zwölf Jahre alte Leif Lembcke, der die Leibniz-Privatschule in Elmshorn besucht und in der D-Jugend des Kummerfelder SV spielt. Als Fünfjähriger hat der Pinneberger mit dem Fußballspielen begonnen, sein Lieblingsklub ist Borussia Dortmund.

Lara Renger, ebenfalls zwölf Jahre alt, fand auf Umwegen über Cheerleading, Ballett und Trampolinturnen zum Fußball. Dort wurde ihr Talent schnell entdeckt, bereits nach einem Jahr bei Komet Blankenese durfte sie ins Stützpunkttraining einsteigen.

Talentierte Mädchen sind dort laut Stephan Kerber längst keine Ausnahme mehr. Zudem würden sie für eine gute Chemie in der Gruppe sorgen: „Sie wirken moderierend, bewirken so ein charmanteres Verhalten der Jungs.“

Eine Erfolgsgarantie kann Stephan Kerber aber keinem seiner Schützlinge geben. Zu viele Dramen habe er im Laufe seiner zehnjährigen Tätigkeit schon erlebt, vom Tod eines Elternteils eines jungen Spielers bis zum Verpassen des Schulziels. Kerber: „Ich kann nur davor warnen, zu früh alles auf die Karte Fußball zu setzen.“