Die einzigartige Mitmach-Ausstellung Mini-Mathematikum in der Wedeler Altstadtschule bringt nicht nur Grundschüler zum Staunen.

Wedel. "Guck' mal, hier wohnen 100 Leute, die so aussehen wie ich." Staunend hockt Ibrahim,7, mit seinem gleichaltrigen Kumpel Marlon im dreieckigen Spiegelhaus des "Mini-Mathematikums". Fasziniert bewundert der Erstklässler der Wedeler Altstadtschule sein eigenes Konterfei, das ihm mehrfach gespiegelt aus Dutzenden von Perspektiven entgegenlacht. Das Prinzip ist so einfach wie raffiniert: Von außen aus Holz gebaut, ist das Konstrukt von innen komplett verspiegelt. Und diese drei Flächen stehen in einem Winkel zueinander, dass jeder, der das Dreieck betritt, sich in einem komplexen Spiegelkabinett wieder findet.

Ibrahims Mitschüler Mika, 6, zieht derweil mit Hilfe eines Seils vorsichtig eine schimmernde, transparente Wand aus Seifenlauge um sich herum hoch - bis der fragile Zylinder schließlich platzt und dem Erstklässler die Tropfen ins erstaunte Gesicht sprühen. Svenja, 7, und Serafina, 6, verfolgen gespannt, ob die bunten Igelräder, die sie über unterschiedlich gelochte schiefe Ebenen laufen lassen, ihr Ziel erreichen oder nicht. Und wenn nein - warum eigentlich nicht?

+++ In Mathematik sind die Lücken am größten +++

Spiegelhaus, Seifenlaugen-Zylinder und Igelbahn sind drei von 15 Stationen der weltweit einzigartigen mathematischen Mitmach-Ausstellung Mini-Mathematikum, einer für Kinder konzipierten Wanderschau des Zahlenmuseums Mathematikum in Gießen. Zum ersten Mal macht diese Ausstellung jetzt eine Woche lang, noch bis einschließlich Sonntag, 22. Januar, Station im Kreis Pinneberg.

Mit der tatkräftigen Unterstützung von Sponsoren wie Stadtsparkasse, Rotariern, Wedeler Firmen und dem Schulverein holte das Kollegium der Wedeler Altstadtschule die annähernd 5000 Euro teure Wanderausstellung in die Turnhalle der Einrichtung. Und da können nicht nur die 360 Eleven der Wedeler Grundschule, sondern alle Interessierten einen ganz neuen Einstieg in die Welt von Algebra und Formeln, Ableitungen und geometrischen Sätzen entdecken. Die große Schwester desMini-Mathematikums war bereits 2009 im in der Elmshorner Berufschule zu Gast, die Ausgabe für Kinder ab vier Jahren aber bislang noch nie.

Das Besondere an der Schau: Die Ausstellungsmacher unter Führung von Mathematikum-Chef und Zahlenprofessor Albrecht Beutelsbacher füllen mit Hilfe von anschaulichen Experimenten die abstrakte Logik mit Leben. Anders als andere Wissenschaftsausstellungen wie beispielsweise das Bremer Universum oder die Flensburger Phänomenta spielen physikalische oder chemische Prozesse hier eine untergeordnete Rolle. "Wir stellen die Mathematik ganz bewusst in den Mittelpunkt", sagt Beutelsbacher. Zwar spielen naturwissenschaftliche Erscheinungen wie etwa Oberflächenspannung zum Beispiel in Experimenten mit Seifenlauge eine Rolle. Der Fokus liege aber auf Logik.

+++ Betrachtungen zu Sprache, Mathematik und Erziehung +++

Das fasziniert nicht nur Knirpse im Vorschulalter, sondern nach Erfahrung von Pia Spangenberg, Mathematiklehrerin an der Altstadtschule, auch die Eltern der Schüler: "Da experimentieren auch Erwachsene mit Begeisterung mit Seifenblasen, Steck-Entchen, Spiegelschrift und Zahnrädern."

Auf Pia Spangenbergs Initiative geht der Mathe-Coup zurück. Sie ist fasziniert von den pädagogischen Möglichkeiten des Mathematikums. "Hier geht es ums Staunen und Ausprobieren, hier können die Besucher ganz praktisch erleben, dass Mathe mehr ist als Formeln und Gleichungen. Mathematik beschreibt die Wirklichkeit."

Genau so kommt die Schau bei der Zielgruppe an. "Das fühlt sich gar nicht an wie Mathe", sagt Drittklässlerin Jule, 8. "Das ist irgendwie ganz anders."

Diese Erfahrung will Matheprofessor Beutelsbacher den Ausstellungsbesuchern vermitteln. "Hier geht es von unten nach oben, hier beginnt Mathematik mit dem eigenen Erleben." Auf diese forschende Weise lernten die Kinder den Stoff erheblich nachhaltiger als durch abstraktes Auswendiglernen. "Was man selbst entdeckt, das bleibt viel länger im Gedächtnis haften." Die eigene Erfahrung begeistere und motiviere die Kinder.

+++ Was die Mathematik mit unserer Wirklichkeit zu tun hat +++

Ist das Interesse erst geweckt, lässt sich nicht nur das Kleine Einmaleins leichter vermitteln, sondern auch fundiertes Wissen über die Geheimnisse von Gauß und Euler. Das sei heute umso wichtiger für die Schüler, weil kaum ein Beruf mehr ohne Mathe auskomme, sagt Pia Spangenberg. "Mathe ist einfach zukunftsträchtig."

Die Ausstellung in der Sporthalle der Wedeler Altstadtschule, Schulstraße 8, ist am Donnerstag, 19., und Freitag, 20. Januar, jeweils von 14 bis 18 Uhr geöffnet, am Wochenende dann von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt kostet einen Euro pro Person.